Ein Priester in Hyderabad nimmt einer Frau die Beichte ab Ein Priester in Hyderabad nimmt einer Frau die Beichte ab 

Indien: „Die Beichte abschaffen zu wollen ist absurd“

In Indien führen mehrere Fälle sexuellen Missbrauchs durch Kirchenvertreter derzeit zu weitreichenden Diskussionen. Die staatliche Frauenkommission fordert in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Beichte.

Eine Ordensfrau hat den katholischen Bischof Franco Mulakkal von Jalandhar im Punjab beschuldigt, sie zwischen 2014 und 2016 vergewaltigt zu haben. In Kerala klagt eine Frau einen Priester der Malankara Syrisch-Orthodoxen Kirche an, sie missbraucht zu haben, nachdem sie ihn 2014 um Hilfe in einer Familienangelegenheit gebeten hatte. Ein anderes Gemeindemitglied beschuldigt außerdem fünf syrisch-orthodoxe Priester, seine Ehefrau mit Informationen zu erpressen, die sie ihnen während der Beichte anvertraut hatte, und sie sexuell zu missbrauchen.

Als Reaktion auf diese Fälle hat die staatliche Frauenkommission die Abschaffung des Sakraments der Beichte gefordert. „Priester üben auf Frauen Druck aus, damit sie ihre Geheimnisse offenbaren“, so heißt es in einem Statement der Kommission. Von Seiten der Kirchen gab es scharfe Kritik an dem Vorhaben der Frauenkommission. So kommentierte Kardinal Oswald Gracias, Präsident der indischen Bischofskonferenz: „Die Missbrauchsfälle müssen geahndet werden, sowohl von Seiten des Staates als auch von Seiten der Kirche, die das Thema sehr ernst nimmt. Aber deshalb das Sakrament der Beichte abschaffen zu wollen, ist absurd.“

„Die Missbrauchsfälle müssen geahndet werden... Aber deshalb das Sakrament der Beichte abschaffen zu wollen, ist absurd.“

Seiner Ansicht nach zeige der Vorschlag, dass die Kommission die Bedeutung der Beichte nicht verstanden habe. Er ist allerdings zuversichtlich, dass die Regierung ablehnen werde: „Ja, da bin ich sicher. Auch einige Mitglieder der Frauenkommission unterstützen die Idee nicht.“

Auch Astrid Lobo Gajiwala, eine engagierte Katholikin in Mumbai, die an der Erarbeitung der Gender-Richtlinien der Indischen Bischofskonferenz beteiligt war, schließt sich dieser Einschätzung an. Die aktuellen Entwicklung sieht sie im Zusammenhang mit einer generellen Verschärfung des Tonfalls gegenüber Christen in Indien:

Die Christen stehen unter Beobachtung

 

„Es ist ein Fakt, dass aktuell einige rechte Gruppierungen versuchen, das Land entlang religiöser Linien zu polarisieren. Die christliche Gemeinschaft steht unter Beobachtung. Bei Fehlern stehen die heftigen Reaktionen oft in keinerlei Verhältnis zum tatsächlichen Ereignis. Es scheint in der letzten Zeit mehr Gewalt und Schikane gegen verschiedene religiöse Gruppen oder gegen bestimmte Kasten zu geben. Die Täter glauben offenbar, dass sie ungestraft davonkommen, weil die Autoritäten auf ihrer Seite zu stehen scheinen. ”

Tatsächlich kommen aus Indien aktuell häufiger Nachrichten über Kriminalitätsvorwürfe gegen Christen. Ende Juli hatte es Ermittlungen zu Kinderhandel im Umfeld der Missionarinnen der Nächstenliebe gegeben. Ein Kind aus einem Heim der Mutter-Theresa-Schwestern soll verkauft worden sein. Die zunächst mitbeschuldigte Ordensschwester ist jedoch freigesprochen worden. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sprach von einem „abgekarteten Spiel der indischen Regierung“, die aus Indien einen rein hinduistischen Staat machen und deshalb Christen in ein schlechtes Licht rücken wolle.

Hier zum Hören:

Die Abschaffung der Beichte wäre für Astrid Lobo eine Verletzung des Rechts auf Religionsfreiheit, die das eigentliche Problem des Missbrauchs nicht beheben würde:

„Das ist eine unverantwortliche Äußerung der Kommission. Es ist ähnlich wie bei einem Arztbesuch:  Wenn ein Arzt sich falsch verhält – und auch das kommt vor! – dann kann man auch nicht sagen, dass niemand mehr zum Arzt gehen soll. Diese Fälle müssen einzeln als Straftaten verfolgt werden, und das passiert auch.“ 

Mit einer Gruppe weiterer katholischer Frauen hat Astrid Lobo Gajiwala Briefe an den Nuntius in Indien und an Papst Franziskus geschrieben. Die Inderinnen fordern, dass auch innerhalb der Kirche gegen Missbrauch ermittelt wird und dass beschuldigte Geistliche für die Zeit der Ermittlungen von ihren Ämtern enthoben werden. Obwohl die Bischöfe in ihren eigenen Gender-Richtlinien von 2010 eine Null-Toleranz-Haltung gegen Missbrauch erklären, gebe es bisher in keiner Gemeinde Strukturen, die die Umsetzung der Richtlinien sichern würden, beanstandet Astrid Lobo.

2017 haben die Bischöfe außerdem Richtlinien zum Umgang mit sexueller Gewalt am Arbeitsplatz veröffentlicht. Demnach muss es Nachforschungen geben, das Kommittee muss von einer Frau geleitet werden und die Hälfte der Mitglieder müssen Frauen sein. Eine Gruppe von uns Frauen in Mumbai hat um einen Termin gebeten, um die Einrichtung eines solchen Kommittees mit Kardinal Gracias zu diskutieren. Wir hoffen, dass er uns bald antwortet...”

(Vatican news – jm)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

06. August 2018, 13:40