Ein Priester telefoniert in einer Kirche in Thessaloniki Ein Priester telefoniert in einer Kirche in Thessaloniki 

Griechenland: Gemischte Reaktionen auf Abkommen Staat-Kirche

Die Neuordnung der Beziehungen des griechischen Staates zur orthodoxen Kirche, angekurbelt vom Premier Alexis Tsipras, trifft nicht auf ungeteilte Zustimmung.

Christina Höfferer - Vatikanstadt

Die Heilige Synode, das Entscheidungsorgan der griechisch-orthodoxen Kirche, hat am 16. November den 15-Punkte-Plan von Premier Tsipras zurückgewiesen, will aber weiterhin mit der griechischen Regierung über die Neuordnung der Beziehungen verhandeln. Die angestrebte Reform schlägt Wellen in einem Staat, dessen Verfassung mit den Worten „Im Namen der heiligen, dreieinigen und unteilbaren Dreifaltigkeit“ überschrieben ist. Der Byzantinist Alexis Chryssostalis erläutert im Gespräch mit Vatican News die Situation.

„Die Beziehung der griechisch-orthodoxen Kirche zum griechischen Staat ist eine sehr tiefgehende. Sie lässt sich über Jahrhunderte zurückverfolgen, bis ins Osmanische Reich. Die griechisch-orthodoxe Kirche war der wichtigste Protagonist im Hellenismus. Dabei ging man vor allem von der griechischen Sprache aus. Somit ist die Gründung der griechischen Nation sehr eng mit der Kirche verbunden.“

Sind Priester auch Funktionäre?

In den verschiedenen Stufen der griechischen Verfassung lässt sich immer ein sehr enges Verhältnis zwischen der Kirche und dem Staat erkennen. Dabei geht es naturgemäß um die orthodoxe Kirche, die die meisten Gläubigen im Land zählt. Im 20. Jahrhundert war die Kirche ein wichtiger Akteur innerhalb des Staates. Welches aber sind nun die Bedingungen, die für die griechische Kirche akzeptabel sind in der Reform ihrer Beziehung zum Staat?

„Ich denke, der zentrale Punkt ist die Garantie der Stellung und der Bezahlung der Angehörigen des Klerus“, sagt Alexis Chryssostalis. „Einige Bischöfe sagen, sie seien keine Funktionäre, sondern eben Priester.“ Chryssostalis sieht jedoch keinen tiefen Graben zwischen Staat und Kirche, er hält vielmehr einen Modernisierungsschub für wünschenswert. Jedenfalls handle es sich um einen wichtigen Moment in der Geschichte der beiderseitigen Beziehungen.

„Die Regierung denkt vor allem an die rechten Wähler“

„Zum ersten Mal wird diese Frage klar und deutlich aufgeworfen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass es sich hier auch um ein Thema handelt, welches eng mit der Gunst der Wähler verbunden ist. Die Regierung denkt dabei vor allem an die rechten Wählergruppen. Diese empfinden eine starke Frustration, weil sie nicht mit der Wirtschaftspolitik der linken Regierung einverstanden sind. Die großen Probleme in Griechenland sind ja bekannt.”

Chryssostalis unterstreicht, dass die Frage vor allem aus politischem Blickwinkel gesehen werden müsse. Die Auswirkungen der Verhandlungen und der darauf folgenden Ergebnisse seien aber vor allem auch in Hinblick auf die kulturelle Entwicklung der griechischen Gesellschaft zu sehen. Es gehe dabei letztendlich um die gesamte Verfasstheit der griechischen Gesellschaft. Auf die Frage, wie der Großteil der Gesellschaft das Projekt der Trennung von Kirche und Staat sehe, meint Chryssostalis:

Mehrheit für eine gewisse Modernisierung

„Meiner Meinung nach sind die meisten gegen eine Verdrängung der Kirche. Ich glaube jedoch auch, dass momentan eine Mehrheit der Menschen dafür ist, eine gewisse Modernisierung durchzuführen. Dabei sind sie jedoch weit davon entfernt, an ein Modell der Trennung zu denken, wie es etwa in der französischen Verfassung verankert ist.“

(vatican news)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

27. November 2018, 11:07