Manfred Nowak, Generalsekretär des European Interuniversity Centre for Human Rights and Democratisation in Venedig Manfred Nowak, Generalsekretär des European Interuniversity Centre for Human Rights and Democratisation in Venedig 

Menschenrechtsexperte: Religionsfreiheit wird oft missbraucht

Die Religionsfreiheit ist ein Grundrecht, das jedem Menschen erlaubt die persönliche individuelle Glaubensüberzeugung in Form einer Religion oder Weltanschauung frei und öffentlich auszuüben. Gleichzeigt umfasst dieses Menschenrecht auch das Recht, keiner Religion anzugehören. Dieses Recht ist weltweit in Gefahr, sagt Menschenrechtsexperte Manfred Nowak.

Der Jurist und Menschenrechtsanwalt war unter anderem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter und Richter der Menschenrechtskammer von Bosnien und Herzegowina. Christina Höfferer sprach mit ihm.

Vatican News: Was bedeutet eigentlich Religionsfreiheit und welchen Bezug hat diese Freiheit zu den Menschenrechten?

Hier zum Hören unser Interview:

Manfred Nowak: Die Religionsfreiheit ist ein ganz wesentliches Menschenrecht, genauso wie die Meinungsfreiheit oder die Versammlungsfreiheit. Es ist sehr wesentlich, dass jeder Mensch selbst frei wählen kann, ob er einer Religion angehören oder an sie glauben will oder nicht, und welche, und dass er auch Religionen wechseln kann, wenn er zur Erkenntnis kommt, dass er sich einer anderen Religion zuwenden will.

Vatican News: Wie sieht das Verhältnis zwischen Religionsfreiheit und Staat im internationalen Kontext aus?

Manfred Nowak: Wenn der Staat dazu übergeht, statt der Trennung von Staat und Religion, zu einer Staatsreligion zu werden, wie das heute in den sogenannten islamischen Staaten der Fall ist, im Iran, oder bis hin zum sogenannten islamischen Staat, der in Wirklichkeit eine furchtbar brutale Terrororganisation ist, dann wird Religion bewusst manipuliert für politische Zwecke und das ist das gefährliche dabei.

Vatican News: Was kann der Staat tun, um Religionsfreiheit zu gewährleisten?

Manfred Nowak: Religionsfreiheit kann am besten gewährleistet werden, wenn der Staat völlig neutral ist, wenn er sagt, meine Aufgabe ist es, allen Religionen gleiche Möglichkeiten zu geben, ihre Religion zu praktizieren, aber gleichzeitig keinen Druck ausübt, dass Menschen einer bestimmten Religion angehören. Und dass Menschen auch die Möglichkeit haben, ihre Religion zu ändern.

Vatican News: Es gibt ja leider einige Beispiele dafür, dass die Religionsfreiheit weltweit unter Druck steht.

Manfred Nowak: Religionsfreiheit ist ein ganz wesentliches Menschenrecht, das aber leider auch oft missbraucht wird. Heute ist es vor allem der Islam, aber nicht nur, der auch von terroristischen Bewegungen missbraucht wird, für ihre autoritären Ziele. Wir sehen das auch in anderen Staaten, derzeit in der Krise der Rohingya In Myanmar, wo eine buddhistisch geprägte Kultur moslemische Rohingya Diskriminiert, bis hin zum Völkermord. Aber wir haben das vor gar nicht langer Zeit gesehen, wie sehr die Religionen in unserem Nachbarland, im ehemaligen Jugoslawien missbraucht wurden für nationalistische und rassistische Kämpfe zwischen Menschen, die gezwungen wurden, sich zu einer von drei Religionen zu bekennen und sich dann bis aufs Blut bekämpft haben, bis hin zum Genozid an der männlichen muslimischen Bevölkerung von Srebrenica. Das heißt, wenn Religionen missbraucht werden, ist das immer sehr sehr gefährlich und kann sehr schnell zu bewaffneten Konflikten führen.

Manfred Nowak ist Direktor des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte in Wien ebenso wie Generalsekretär des European Interuniversity Centre for Human Rights and Democratisation in Venedig.

(vatican news)

 

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19. Dezember 2018, 14:25