Für Entschädigungszahlungen an tschechische Kirchen und Religionsgemeinschaften droht eine rückwirkende Besteuerung Für Entschädigungszahlungen an tschechische Kirchen und Religionsgemeinschaften droht eine rückwirkende Besteuerung 

Tschechien: Rückgabe von Kircheneigentum soll besteuert werden

Das Abgeordnetenhaus in Prag stimmt am Dienstag über eine nachträgliche Änderung der Restitutionseinigung mit Kirchen und Religionsgemeinschaften ab. Kritiker melden Zweifel an, dass die Besteuerung dieser Kirchenrestitution verfassungskonform ist.

In Tschechien stimmt das Abgeordnetenhaus des Parlaments am Dienstag über das umstrittene Gesetz zur rückwirkenden Besteuerung der staatlichen Entschädigungszahlungen an Kirchen und Religionsgemeinschaften für in den Jahren des kommunistischen Regimes enteignete Immobilien ab. Es wird erwartet, dass die Parteien der Minderheitsregierung von Premier Andrej Babis mit Unterstützung der Kommunisten den Gesetzesentwurf durchbringen.

Der Haushaltsausschuss des Abgeordnetenhauses empfahl zuletzt, die geplante Regelung erst 2021 wirksam werden zu lassen. So könnte der tschechische Verfassungsgerichtshof zunächst prüfen, ob die Besteuerung der Kirchenrestitution überhaupt verfassungskonform ist, was viele Kritiker anzweifeln.

Das Höchstgericht soll entscheiden....

Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften haben bereits angekündigt, das Höchstgericht anzurufen, sollte das Gesetz beschlossen werden. Passiert die Gesetzesnovelle wie erwartet das Abgeordnetenhaus, könnte sie vom Senat, der zweiten Kammer des Parlaments, abgewiesen werden. Doch dieses Veto kann vom Abgeordnetenhaus mit einfacher Mehrheit überstimmt werden. Und Präsident Milos Zeman, der sich selbst wiederholt für das Gesetz stark gemacht hat, hat bereits angekündigt, die Novelle zu unterzeichnen.

Umfassendes Restitutionspaket 

Staat und Religionsgemeinschaften hatten sich 2012 nach langen, zähen Verhandlungen auf ein umfassendes Restitutionspaket geeinigt, das neben der Rückgabe von 56 Prozent der einst konfiszierten Gebäude, Wälder und Grundstücke auch das gleichzeitige Zurückfahren der derzeit üblichen Staatssubventionen - so bezahlt der Staat bislang unter anderem die Gehälter kirchlicher Würdenträger - vorsieht. Im aktuellen Streit geht es um die Entschädigung der Kirchen und Religionsgemeinschaften für jenen Teil ihres Eigentums, das die Kommunisten in der damaligen Tschechoslowakei einst verstaatlichten und das heute nicht mehr zurückgegeben werden kann. Der Staat soll dafür laut dem Restitutionsgesetz über einen Zeitraum von 30 Jahren umgerechnet 2,3 Milliarden Euro zahlen.

Kritiker nannten die Forderungen der Kirchen schon während der Verhandlungen um das Restitutionsgesetz teils überzogen. Im vergangenen Sommer nun ging ausgerechnet die kommunistische Partei KSCM in die Verlängerung. Sie kündigten an, dass sie die Prager Minderheitsregierung aus der systemkritischen Bewegung ANO von Premier Babis und den Sozialdemokraten nur dann langfristig tolerieren würde, wenn das Gesetz über die Kirchenrestitution gekippt werde. Kommunisten-Parteichef Vojtech Filip sprach von einem "Geschenk des Staates an die Kirchen". Wenn 80 Prozent der Tschechen keiner Kirche angehörten, müsse das Land den Kirchen auch nicht so viel Geld aus öffentlichen Mitteln „schenken“.

Babis braucht Stimmen der Kommunisten

Unter dem Druck der Kommunisten willigte Regierungschef Babis in neue Verhandlungen ein. Der Wert der Grundstücke und Wälder, die einst den Kirchen gehörten, sei seiner Meinung nach „zu hoch“ angesetzt worden. Der Vorschlag des Regierungschefs: Die Entschädigungszahlungen an die Kirchen sollen als Einkünfte mit 19 Prozent versteuert werden. So würden umgerechnet 23,4 Millionen Euro pro Jahr in die Staatskasse zurückfließen. Für Kritiker wie den früheren Kulturminister Daniel Hermann von den Christdemokraten ist das ein Unding: „Das hat dieselbe Logik, als wenn ihnen ein Dieb das Auto stiehlt, die Polizei es findet und zurückgibt und Sie dafür Steuern bezahlen müssten.“

Derweil finden nicht nur Kommunisten und Rechtsaußen-Politiker, sondern auch Präsident Zeman, dass man den Kirchen zu viele Zugeständnisse mache. Zeman hat letztes Jahr als erstes Staatsoberhaupt nach 1989 auf einem Parteitag der Kommunisten gesprochen, anstatt zu einem Gottesdienst für den einst von den Kommunisten ins Exil getriebenen Kardinal Josef Beran (1888-1969) zu gehen, dessen sterbliche Überreste im Prager Veitsdom zur letzten Ruhe gebettet wurden.

(kap/kna – skr)

 

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21. Januar 2019, 14:48