Sie fliehen und setzen ihr Leben aufs Spiel: Flüchtlinge im Mittelmeer Sie fliehen und setzen ihr Leben aufs Spiel: Flüchtlinge im Mittelmeer 

Mittelmeer: Sie fliehen vor Diktaturen, Konflikt und Hunger

Die spanische NGO „Open Arms“ beklagt, dass täglich mindestens acht Migranten bei Seefahrten über das Mittelmeer ums Leben kommen. Europa soll endlich eingreifen, fordert die katholische Basisgemeinschaft Sant´Egidio und im Gespräch mit Vatican News sagt der Migrantenseelsorger Mussie Zerai, dass wir nicht vergessen sollten, weshalb Menschen aus Afrika flüchten.

Mario Galgano und Giada Aquilino – Vatikanstadt

Im Mittelmeer gibt es in den letzten Stunden mindestens 170 Todesopfer von zwei versunkenen Schiffen. Papst Franziskus hatte beim Angelus-Gebet am Sonntag für die bei den jüngsten Schiffsunglücken im Mittelmeer ums Leben gekommenen Flüchtlinge gebetet. „Sie suchten eine Zukunft für ihr Leben und wurden wahrscheinlich Opfer von Menschenhändlern“, erinnerte der Papst.

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Der aus Eritrea stammende Priester Mussie Zerai ist Präsident des Vereins „Habeshia“, einer Agentur für Entwicklungszusammenarbeit. Im Gespräch mit uns fordert er die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, nicht zu vergessen, dass diese Migranten vor Situationen extremer Verzweiflung fliehen.

„Es sind Menschen, die vor einer Diktatur oder vor anhaltenden latenten Konflikten fliehen, aber es gibt auch Menschen, die vor dem Hunger fliehen: Niemand spricht darüber, aber die Hungersnot, von der die gesamte afrikanische Subsahara-Zone betroffen ist, erstreckt sich vom Jemen bis Nigeria. Das hat dazu geführt, dass es Situationen gibt, mit denen man nicht leben kann. Doch niemand stellt sich in den Herkunftsländern den Problemen dieser Menschen, um ihnen ein menschenwürdiges Leben zu Hause oder in ihrem näheren Umfeld zu garantieren. Wenn diese Menschen fliehen, gehen sie zuerst in die Nachbarländer, aber manchmal finden sie dort sogar schlimmere Situationen vor als die, die sie verlassen haben. So sind sie gezwungen, weiter nach einem sicheren Ort zu suchen.“

Zerstrittenes Europa

Europa streitet seit Jahren über eine gleichmäßigere Verteilung von Bootsflüchtlingen. Man habe den Eindruck, es gehe jetzt darum, so wenige Migranten wie möglich aufzunehmen und dies als Erfolg anzugeben.

„Vergessen wir nicht: vor Kurzem mussten 49 Menschen fast 20 Tage lang auf Schiffen ausharren, weil Europa nicht in der Lage war, schnell zu reagieren und ihnen zu helfen. Stattdessen mussten sie Weihnachten und Neujahr in der Kälte auf den Schiffen zubringen. Das ist ein Beweis für die Zerbrechlichkeit, für die Angst, die die europäische Politik lähmt, die nicht in der Lage ist, Antworten auf der Grundlage von Gerechtigkeit, Solidarität und der Garantie der Freiheit zu geben. Und vergessen wir nicht: Diese Menschen sind auf der Suche nach Freiheit!“

Die Appelle des Papstes könnten durchaus in das tägliche Leben übertragen werden, so der Migrantenseelsorger Zerai. Es seien nicht einfach nur schöne Worte, sondern Aufrufe zur Solidarität der täglichen Praxis.

„Die gesamte Europäische Gemeinschaft muss das Problem in den Herkunftsländern dieser Menschen an der Wurzel packen; es soll darauf abgezielt werden, auch in den Nachbarländern bessere und menschenwürdigere Bedingungen zu schaffen, indem sie den Kindern Zugang zu Schulen, Gesundheitsversorgung und einer ganzen Reihe von Dienstleistungen bietet, die ihr Leben in diesen Gebieten erleichtern und verbessern würden; dann sollen auch offene rechtliche Kanäle geschaffen werden, was bedeutet, dass Umsiedlungsprogramme für diejenigen Menschen durchgeführt werden, die als verletzlich und international geschützt gelten. Dann sollte Europa humanitäre Korridore öffnen und zwar bei den Botschaften, die Visa ausstellen können. Das sind eine ganze Reihe von legalen Wegen, die es Menschen ermöglichen, sicher und unter anständigen Bedingungen zu reisen, ohne ihr Leben aufs Spiel zu setzen und ohne die Menschenhändler zu finanzieren.“

(vatican news)

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21. Januar 2019, 10:56