D: Bischöfe begrüßen hohe Beteiligung an Europawahl
„Das ist ein Reifezeugnis für die Demokratie“, sagte Overbeck der Katholischen Nachrichten-Agentur in Brüssel. Es zeige, dass die Menschen Verantwortung übernähmen und sich für demokratische Prinzipien einsetzten.
In den vergangenen Tagen waren rund 427 Millionen EU-Bürger aufgerufen, ein neues Europaparlament zu wählen. Die Wahlbeteiligung in Deutschland stieg nach Angaben des Bundeswahlleiters aus der Nacht auf 61,4 Prozent (2014: 48,1 Prozent). In der gesamten EU soll die Wahlbeteiligung zwischen 49 und 52 Prozent liegen.
„Angst vor der Überfremdung nimmt ab“
Overbeck sprach von einem pro-europäischen Ergebnis, die „sogenannte Angst vor der Überfremdung“ nehme ab. Ein Wendepunkt in Europa sei in den bisherigen Wahlergebnissen beziehungsweise Hochrechnungen allerdings noch nicht zu erkennen. Den Befürwortern einer starken EU sagte Overbeck: „Es lohnt einfach, sich klar für das Friedensprojekt Europa zu positionieren.“
Ähnlich äußerte sich der Hamburger Erzbischof Stefan Heße. Die Menschen hätten sich stark gemacht für Europa: „Und das freut mich.“ Mit Blick auf Europa-Skeptiker fügte Heße hinzu: „Es bleibt Aufgabe der politisch Verantwortlichen und auch jedes Einzelnen von uns, für die europäische Idee zu werben und sie erlebbar zu machen.“
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sorgt sich nach dem Erfolg rechtspopulistischer Parteien in einigen europäischen Staaten um den Zusammenhalt in der EU. „Wenn ich nach Deutschland schaue, ist die Wahl einigermaßen gut gelaufen“, sagte er dem domradio. „Die Rechtspopulisten haben weniger Stimmen bekommen als befürchtet. Aber wenn ich in die Nachbarländer schaue, dann erfüllt mich das schon mit Sorge. In Italien hat die Lega zugelegt, in Frankreich Le Pens Partei und in Ungarn die Fidesz-Partei…“
Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) betonte: „Europa lohnt jede Anstrengung.“ Die Hochrechnungen für Deutschland kommentierte ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper im Kölner domradio mit den Worten: „Ich zähle zusammen, welche Stimmen für Europa und für ein konstruktives Mitwirken am weiteren Aufbau von Europa zusammengekommen sind. Und da bin ich etwa bei vier Fünfteln.“ Zugleich zeigte sich Vesper erleichtert darüber, dass die AfD im Vergleich zur Bundestagswahl Stimmenverluste verzeichnen musste.
Rabbiner: „Der befürchtete extreme Rechtsruck ist ausgeblieben“
Vertreter des Judentums in Europa sahen zunächst keine starke Fraktion von Parteien aus dem rechten Spektrum. Zugleich mahnen sie aber zu Wachsamkeit. Der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner (CER), Pinchas Goldschmidt, zeigte sich am Montag erleichtert darüber, „dass das Projekt Europa nicht abgewählt“ worden sei. „Der befürchtete extreme Rechtsruck in Europa ist ausgeblieben, doch wir müssen wachsam gegen die Feinde Europas bleiben.“
Anstrengungen zum Schutz der Religionsfreiheit, für Sicherheit und Toleranz müssten fortgeführt werden. „Jetzt geht es darum, mit einem breiten proeuropäischen Bündnis die Zukunft Europas so voran zu treiben, dass auch künftig Religionsfreiheit, Sicherheit und Toleranz garantiert werden können“, erklärte der Moskauer Oberrabbiner. „Hier sind genauso alle Bürgerinnen und Bürger Europas beim Einsatz für Demokratie, Freiheit und Pluralismus gefordert. So muss etwa der Kampf gegen Antisemitismus, Islamophobie und Xenophobie als Aufgabe für uns alle begriffen werden - daran wird sich Europa in den nächsten Jahren messen müssen“, so Goldschmidt.
„Die Rechten werden isoliert sein“
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte dem „Tagesspiegel“ (Montag), extrem rechte Parteien hätten zwar einen Zuwachs, aber auch künftig „keine verändernde Mehrheit im Europaparlament“. Aus dem Wahlergebnis lasse sich keine Änderung der gesamteuropäischen Politik herauslesen.
Aus den vorliegenden Zahlen lasse sich zwar eine stärkere rechte Fraktion erkennen, „aber noch keine starke Fraktion“. Schuster prognostizierte: „Die Rechten werden so isoliert sein, dass sie eine politische Kraft im eigentlichen Sinne im Europäischen Parlament nicht sein werden.“
(kna – sk)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.