Frankreich: Ungewissheit im Fall Vincent Lambert geht weiter
Sie hatten in Genf Beschwerde eingelegt und gefordert, dass die Entscheidung des Komitees abgewartet wird. „Warum werden wir nicht angehört? Vincent ist ein Mensch, kein Objekt“, so die Mutter in ihrer Klage darüber, dass ihr Sohn „legal ermordet“ werden solle. Sie wies in ihrer Einlassung darauf hin, dass ihr Sohn reagiere, wenn er angesprochen werde: „Ich habe zahlreiche Videos und Fotografien, die genau das Gegenteil von dem zeigen, was in den Medien erzählt wird.“
Zuvor hatte das Ärzteteam in Lamberts Klinik in Reims am Dienstag zum zweiten Mal einen Behandlungsstopp angekündigt. Die künstliche Ernährung werde noch am selben Tag beendet, teilte Lamberts Neffe mit. Ob dies tatsächlich erfolgt ist, war am Mittwochmorgen noch nicht klar.
Deutliche Kritik an der Entscheidung kam noch am Dienstag von dem Priester Roberto Colombo, seines Zeichens Dozent an der Fakultät für Medizin und Chirurgie an der renommierten Universita' Cattolica del Sacro Cuore und ordentliches Mitglied der Päpstlichen Akademie für das Leben. Die Aussetzung der lebenserhaltenden Maßnahmen sei nicht nur vom ärztlichen und rechtlichen Blickpunkt aus inakzeptabel, sondern auch, „und noch mehr“, vom menschlichen Standpunkt aus, so der Arzt. Vincent Lambert sei kein Patient, der im Sterben liege, betonte er im Gespräch mit Vatican News.
„Die jüngste Entscheidung des französischen Gerichtshofes, die künstliche Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr abzubrechen, stellt einen nicht hinnehmbaren und unmenschlichen Akt der Euthanasie dar, denn es handelt sich um die willentliche und direkte Beendigung des Lebens eines Patienten.“ Man sehe sich einer auf die Euthanasie hinarbeitenden Starrköpfigkeit gegenüber, die „der guten Medizin und einer Gesellschaft, die auf dem Recht und der Gleichheit aller Bürger - auch wenn sie schwerbehindert sind - beruht, nicht würdig“ sei, unterstreicht der Experte, der auch als Konsultor für das Dikasterium für Laien, Familie und das Leben wirkt.
Für den Papst stellen die Euthanasie und der assistierte Suizid eine „Niederlage für alle“ dar. Das schrieb er erst vor wenigen Wochen auf Twitter, als weltweit Entsetzen über den selbst gewählten Tod der jungen Niederländerin Noa herrschte. Vielmehr sei es nötig, so der Papst damals, „die Leidenden niemals im Stich zu lassen, nie zu resignieren, sondern uns ihrer mit Fürsorge und Liebe anzunehmen, um Hoffnung zu schenken.“
Am Freitag hatte Frankreichs oberstes Gericht nach jahrelangem Rechtsstreit den Weg für einen weiteren Stopp der Behandlung freigemacht. Zuvor waren die lebenserhaltenden Maßnahmen nach einem vorübergehenden Abbruch vor einigen Wochen wieder aufgenommen worden. Der 42-jährige Lambert liegt seit einem Motorradunfall 2008 in einer Art Wachkoma.
Odyssee durch die Instanzen
Ein Ärzteteam hatte entschieden, die künstliche Ernährung des früheren Krankenpflegers Mitte Mai zu beenden. Während seine Ehefrau den Schritt befürwortet, wollen die katholischen Eltern dies verhindern. Zahlreiche Gerichte waren bereits mit dem Fall Lambert befasst. Im Juni 2014 hatte Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht zunächst einen Abbruch der Behandlung angeordnet. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bestätigte die Entscheidung im Juni 2015. Doch das medizinische Team des Krankenhauses CHU Reims weigerte sich damals noch, die Behandlung einzustellen. Daraufhin ordnete der Gerichtshof in Nancy eine weitere Konsultation an. Diese kam 2018 zu dem Schluss, dass die Behandlung beendet werden könne.
(kna/vatican news/diverse - cs)
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