COMECE-Präsident plädiert für gemeinsame Ziele
Erzbischof Hollerich sieht es als Bereicherung an, dass nun eine Frau an der Spitze ist. Deutschland mache es vor, doch auch den anderen EU-Ländern müsse gezeigt werden, dass „Frauen genauso gut Politik machen können wie Männer“. Das erzählt er im Telefoninterview mit Uta Vorbrodt vom Domradio. Vor allem im Hinblick auf die Umwelt und die Verantwortung glaubt er, dass von der Leyen eine gute Lösung sei.
„Sie hat gerade in ihrer Antrittsrede gezeigt, dass sie Europa voranbringen möchte“, so der Erzbischof. Denn darin sprach die künftige EU-Kommissionspräsidentin Themen an, die auch bei der Kirche ganz oben auf der Agenda stehen. Beispiele dafür sind der Einsatz für ein soziales Europa und der Klimaschutz.
Amazonas geht uns alle an
„Wir haben im Oktober die Amazonassynode, die auch unter den Titel einer integralen Ökologie steht. Denn der Amazonas geht uns alle – auch in Europa – etwas an. Deswegen freue ich mich besonders, dass von der Leyen es so wichtig findet, für die Umwelt einzutreten“, so Hollerich.
Er erhofft sich Rückenwind von der EU-Kommissionspräsidentin, sobald sie ab dem 1. November offiziell im Amt ist. Um die Ziele der Amazonassynode aber tatsächlich zu verwirklichen, sei seiner Meinung nach vor allem eines wichtig: „Wenn Brasilien keinen Druck bekommt, dann wird sich da nicht viel ändern.“
Die EU wäre für ihn dazu in der Lage, Druck auf Brasilien auszuüben. „Aber wir müssen zeigen, dass uns bestimmte Sachen wichtig sind. Die Politiker in Europa haben jetzt alle begriffen, dass die gemeinsame Welt, die wir bewohnen und an Kindern und Enkelkindern weitergeben, ein Gut ist, für das die Menschen in Europa einstehen.“
Flüchtlingsfrage behandeln
Doch auch die Flüchtlingsfrage ist ein großer Streitpunkt zwischen den EU-Ländern. Katholische Bischöfe in ganz Europa haben sich in der Vergangenheit klar geäußert, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Hollerich glaubt, dass er auch hier bei Ursula von der Leyen offene Ohren finden wird. „Dieser Punkt in ihrer Rede hat sie bestimmt einiges an Zustimmung der populistischen Parteien gekostet. Aber es freut mich, dass sie sich bei dem Flüchtlingsthema nicht auf faule Kompromisse hingegeben hat. Denn es handelt sich ganz einfach um Menschen in Not.“
Die Kirche und die Zivilgesellschaft
Zudem hoffe Hollerich, dass die Kirche auch weiterhin eine große Rolle in der Zivilgesellschaft spielen wird. „Viele Flüchtlinge sind in christlichen Einrichtungen aufgenommen worden“, sagt Hollerich. Doch er glaube, dass es hier deutliche Veränderungen geben muss. „Der Staat sollte nur kontrollieren, wer nach Deutschland kommt, denn das ist schließlich die Pflicht des Staates.“ Aber die wirkliche Aufnahme der Flüchtlinge solle dann in Einrichtungen der Zivilgesellschaft geschehen. Dafür benötige es aber auch staatliche Hilfe. „Doch ich glaube, dass eine Integration damit viel einfacher wäre“, sagt Hollerich.
(domradio – vm)
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