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„Black Day“ in Indien

Tausende von Menschen haben am Samstag in Indien an Protesten gegen die Diskriminierung von Kastenlosen, den sogenannten Dalit, teilgenommen.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Die katholische Kirche unterstützt die Proteste, die seit Jahren jeweils am 10. August stattfinden – denn am 10. August 1950 setzte der erste Präsident Indiens nach der Unabhängigkeit den Verfassungsartikel 3 über die Kasten in Kraft.

Christliche wie muslimische Dalit sind in einer von Hindus dominierten und von einer Hindu-Partei (BJP) regierten Gesellschaft die Letzten der Letzten: Dahinter kommt nichts mehr. Und das, obwohl es die Kasten offiziell gar nicht mehr gibt. Spezielle Gesetze unterstützen die Dalit, doch nur, wenn diese Buddhisten oder Sikh sind; christliche wie muslimische Dalit bleiben außen vor.

Eine Art von Apartheid

„Dalit sind sogenannte Kastenlose“, erklärt uns Weihbischof Theodore Mascarenhas aus Ranchi in Nordost-Indien. „Die Hindu-Religion spricht von Kasten; die wichtigsten sind die Brahmanen, die Kshatriya, die Vaishya und die Shudra. Dann gibt es eine große Gruppe von Kastenlosen, die man früher „Unberührbare“ nannte – die durften nicht dieselben Brunnen oder dieselben Kultstätten benutzen, sie lebten in einer Art Apartheid.“

Und heute? Werden sie da weiterhin diskriminiert? „Darin besteht die Herausforderung“, sagt uns der Bischof. „Die jetzige indische Verfassung nennt solche Diskriminierung ein Verbrechen, aber sozial geht sie einfach weiter, und zwar kräftig. Das zeigt sich bei Hochzeiten, bei Arbeitsplätzen, einfach überall. Die Dalit sind Ausgeschlossene. Für die Kirche ist das auch deswegen ein großes Problem, weil viele Dalit Christen geworden sind und damit nicht dieselben Rechte mehr haben wie Dalit, die Hindus geblieben sind. Die christlichen Dalit haben keinen Zugang zu Arbeitsplätzen mehr, auch zu Schulen nicht. Und das ist unser Kampf: Dass den Dalit, die sich zum Islam oder zum Christentum bekehrt haben, dieselben Rechte anerkannt werden wie den anderen Dalit!“

„Wir sind noch nicht weit gekommen“

Beim „Black Day“ gehe es jedesmal um dasselbe: „Gleiche Rechte, gleiche Staatsbürgerschaft, keine Diskriminierung aus religiösen Gründen. Die katholische Kirche glaubt zwar nicht an das Kastenwesen; dass sie Dalit sind, ist für uns Christen nicht aussagekräftig – für die anderen in der Gesellschaft aber doch!“

Aber – ketzerische Frage – was haben die Dalit dann überhaupt von ihrem Übertritt zum Christentum, wenn man mal das religiöse Element beiseitelässt? „Wir bieten ihnen Schulbildung, dafür werden wir oft angefeindet; wir kümmern uns um sie, um eine bessere Gesundheitsversorgung, bessere Nahrung… Den „Black Day“ führen wir seit 69 Jahren durch – seit die Regierung die Marginalisierung von Christen und Muslimen offiziell machte. Wir sind hartnäckig, wenn es um unsere Rechte geht, die Sache liegt derzeit auch dem Obersten Gericht vor. Aber weit sind wir bisher nicht gekommen, weil wir nur eine kleine Minderheit sind und unsere Stimmen nicht viel zählen. Darum hoffen wir, wenigstens auf legalem Weg etwas zu erreichen.“

„Ich wäre eigentlich persönlich dafür, dass man nicht mehr demonstriert, denn das bringt nichts“

Der Weihbischof träumt von öffentlichem Druck auf die indische Gesellschaft, der von den Medien ausgehen müsste. Auf die Frage, ob die Medien in Indien über den „Black Day“ berichtet haben, räumt er aber ein: „Nein. Die bringen nur eine kurze Notiz irgendwo… Ich wäre eigentlich persönlich dafür, dass man nicht mehr demonstriert, denn das bringt nichts – auch wenn es sehr symbolisch ist. Wir bräuchten andere Methoden. Aber solange wir keinen anderen Weg gefunden haben, machen wir weiter.“

(vatican news)
 

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11. August 2019, 11:39