Jochen Reidegeld mit Menschen aus Syrien und dem Irak Jochen Reidegeld mit Menschen aus Syrien und dem Irak 

Irak/Syrien: „Bildung ist die beste Waffe gegen extremistisches Gedankengut"

Ist in Syrien und dem Irak die Bedrohung durch die Terroristen des sogenannten „Islamischen Staates“ vorbei? Leider nicht. Dieser Eindruck drängt sich dem deutschen Priester Jochen Reidegeld auf, der in diesen Tagen in der irakisch-syrischen Krisenregion unterwegs ist. Der stellvertretende Generalvikar des Bistums Münster reist mit der „Aktion Hoffnungsschimmer" und informiert sich auch über die Lage der Christen in der Region. Ziel der Terroristen sei es immer noch, den Menschen die Lebensgrundlage zu zerstören, sagte Reidegeld. Als bestes Gegenmittel bezeichnete er Bildung.

Christine Ringkamp  - Vatikanstadt

Die Angst vor Anschlägen sei noch immer ziemlich groß. Viele Parteien versuchten, ihren Einfluss auszuüben, weshalb der Weg zum Frieden noch lang sei. Darunter leiden würden vor allem die „einfachen Menschen“. Positiv zu vermerken sei jedoch, dass das Land innerhalb kürzester Zeit wieder aufgebaut würde. „Die Situation ist eine ganz ambivalente. Auf der einen Seite ist es faszinierend zu sehen, in welch kurzer Zeit die Menschen hier ihr Land wieder aufbauen, wie Wohnhäuser gebaut werden und kleine Geschäfte entstehen. Und auf der anderen Seite, wie weit diese Region immer noch Frieden entfernt ist“, beschreibt Reidegeld die Lage vor Ort.

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Der IS ist noch immer aktiv

Der Islamische Staat habe sein Gebiet zwar verloren, aber er sei immer noch aktiv, betonte der stellvertretende Generalvikar. „Der IS hat zwar sein Land verloren, aber er existiert noch auf zwei Weisen. Die eine Weise ist, dass es Schläferzellen gibt, die Felder anzünden, um die Ernte zu vernichten, die aber auch Selbstmordanschläge verüben. Das ist hier leider an der Tagesordnung. Die zweite  Weise, wie der IS noch existiert, ist, als furchtbares Gedankengut in den Köpfen und Herzen vieler Menschen“  Es werde noch Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, dauern, dieses Gedankengut aus der Welt zu schaffen.

Die Leidenswege, die dort sichtbar wurden, hätten Jochen Reidegeld besonders getroffen: „Was mich besonders erschüttert, ist, Menschen zu sehen, die so großes Leid erlebt haben, dass sie lieber unter den Toten wären. Eltern, die immer noch nicht wissen, wo ihre Kinder sind, die vom IS entführt worden sind, teilweise im Alter von acht Jahren zu Sexsklaven gemacht wurden oder - im Fall der Jungen - zu Selbstmordattentätern ausgebildet wurden.“ Ganz speziell habe ihn die Geschichte berührt, dass Kinder, die zu Kindersoldaten ausgebildet werden, eine solche Gehirnwäsche erhalten, dass sie sagen, sie gingen jetzt zurück zu ihrer Familie, um ihr mitzuteilen, sie sollten Muslime werden oder sie bringen sie um.

Bildung als „wichtigste Waffe“

Nach Ansicht Reidegelds sei es vor allem notwendig, den betroffenen Länder so stark wie möglich zu helfen. Die internationale Gemeinschaft müsse die Verantwortlichen  im Irak und in Syrien dabei unterstützen, ein Bildungssystem aufzubauen. Denn Bildung sei essentiell, um den IS zu bekämpfen. „Mir scheint es ganz wichtig, dass wir als erstes die Menschen in diesem Gebiet nicht vergessen. Selbst in Gebieten, wo die Waffen jetzt schweigen, geht der Krieg weiter; in dem was die Menschen an Wunden aus diesem Krieg mittragen - und es wird viel Zeit brauchen, diese Wunden zu heilen. Wir müssen die Menschen dabei finanziell unterstützen, ihr Land wieder aufzubauen - und was mit besonders wichtig scheint: Bildung ist die beste Waffe gegen extremistisches Gedankengut.“

50.000 Euro für die Versorgung von Flüchtlingen

Die „Aktion Hoffnungsschimmer“ wurde in Senden von Christen und Jesiden gegründet, um Flüchtlinge, vor allem im Nordirak, zu unterstützen. Ziel ist es, wie die Verantwortlichen betonen, „Flüchtlingen ein winziges Stück Normalität und Menschlichkeit zu geben“. Zuvor hatte Jochen Reidegeld ein Medikamentenlager des Projektpartners der „Aktion Hoffnungsschimmer“ besucht, auch um sich von der Qualität der Arbeit zu überzeugen. Zuletzt hatte die Aktion 50.000 Euro für die Versorgung von Flüchtlingen aus Syrien gegeben.

(vaticannews/pbm/sk)

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29. August 2019, 12:35