Zentralafrika: „Keine religiöse, sondern politische Krise“
Das anhaltende Blutvergießen sei die Folge der wirtschaftlichen Ausbeutung und des Konflikts um die Diamant- und Goldvorkommen des Landes. „Die Religion darf nicht dazu benutzt werden, die Ausbeutung zu vertuschen“, erklärte Néstor-Désiré Nongo-Aziagba. Dies sei „ein Ablenkungsmanöver, das von den wirklichen Problemen wegführt: Armut, Analphabetismus und mangelnde Gerechtigkeit.“ Letzteres zeige sich daran, dass die Mitglieder der Rebellengruppen weitgehend straffrei ausgingen, obwohl schlimme Gräueltaten auf ihr Konto gingen. „Die Zentralafrikanische Republik steckt in einer politischen und nicht in einer religiösen Krise“, fügte der Bischof hinzu.
Man will nicht bekehren, sondern das Land ausbeuten
Den Séléka-Truppen, die sich 2012 gebildet hatten und mittlerweile in verschiedene Gruppen zersplittert sind, gehörten zwar mehrheitlich Muslime an, aber ihr Ziel sei „nicht die Bevölkerung zu bekehren, sondern das Land auszubeuten“, sagte Nongo-Aziagba. Mehr als zwei Drittel der Milizionäre seien Söldner aus dem Tschad, Niger, Kamerun und anderen Staaten. Viele von ihnen seien keine praktizierende Muslime. „Sie verfolgen keine islamistischen Ziele. Ihr Augenmerk gilt dem Mineralienreichtum des Landes.“
Als Reaktion auf die Angriffe der Séléka bildete sich die Gruppe der sogenannten Anti-Balaka, der auch zahlreiche Christen angehören. Diese gäben vor, die Interessen der Christen im Land zu verteidigen, die etwa 75 Prozent der Bevölkerung stellen. „Damit verdrehen sie jedoch die Wahrheit“, erklärte der Bischof. Er wirft mehreren Rebellengruppen vor, von der direkten oder indirekten Unterstützung einiger ausländischer Nationen zu profitieren. Dazu zählt der Vorsitzende der Bischofskonferenz China, Russland und einige westliche Länder. Diesen gehe es ausschließlich darum, den Bodenreichtum der Zentralafrikanischen Republik abzuschöpfen.
Steigende Armut und fehlende Bildung
Auf die Frage, warum sich weiterhin viele Menschen, darunter auch Kinder und Jugendliche, den Milizen anschließen, nennt der Bischof drei Gründe: steigende Armut, fehlende Bildung und den Willen der Menschen, sich gegen weitere Angriffe zu wappnen. Die Menschen seien frustriert über den zunehmenden Zerfall des Landes.
Die katholische Kirche in der Zentralafrikanischen Republik sei entschlossen, den christlich-muslimischen Dialog weiter zu fördern. „Es ist entscheidend, dass Christen und Muslime zeigen, dass sie vereint sind“ und sich damit der Gewalt wiedersetzten, die in ihrem Namen ausgeübt werde, zeigt sich Nongo-Aziagba überzeugt. „Als Christ habe ich Hoffnung für die Zukunft“, führte der Bischof aus, „aber ich muss realistisch bleiben: Es ist sehr schwer, die Gewalt der letzten Jahre zu überwinden.“
(pm - cr)
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