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Bischof Michele Tomasi von Treviso Bischof Michele Tomasi von Treviso 

Italien: Kreuz heißt, keine Gewalt anzuwenden

Mehr als hundert Südtiroler Gläubige werden an diesem Sonntag zusammen mit Bischof Ivo Muser und etwa zehn Priestern der Bozner-Brixner Diözese in Treviso sein, um den offiziellen Amtsantritt des neuen Bischofs Michele Tomasi, ehemaliger Bischofsvikar in Bozen, zu feiern. Wir sprachen mit Tomasi über sein neues Amt und seine Diözese, die zu den größten Italiens zählt.
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Vatican News: Treviso ist eines der größten Bistümer Italiens. Was erwartet Sie in dieser Diözese?

Tomasi: Es ist eine sehr schöne Diözese, denn sie pflegt eine lange Tradition des Christ-Seins, eine sehr tiefgehende Tradition des christlichen Solidarismus. Es sind viele Gestalten, wie zum Beispiel auch Kardinal Pavan, der mitgearbeitet hat bei der Mitschrift der „Mater et Magistra“ und „Pacem in Terris“ von Johannes XXIII. Und eine lebendige Diözese mit ungefähr 800.000 Katholiken. Viel Tradition, auch viel Gegenwart und ich setze auf eine schöne Hoffnung für die Zukunft.

Vatican News: Welche Art von Bischof möchten Sie gerne sein?

Tomasi: Ich möchte zuhören können und die Möglichkeit mitnehmen, dass die Leute mitgehen und dass ich mit den Leuten mitgehe. Wie der Papst sagt: Ich komme zu einer Geschichte hin. Es fängt nicht mit mir an und es wird hoffentlich nicht mit mir aufhören. Und ich möchte, dass wir gemeinsam spüren können, was der Herr von uns heute sich erwartet, in dieser Zeit für die ganze Welt.

Vatican News: Wir haben heute in westlichen Gesellschaften – und das ist in Ihrer neuen Diözese nicht anders – ein Allzeit-Tief an Berufungen, sei es für das Priesteramt, sei es für das Ordensleben. Und gleichzeitig steigt das Engagement von Laien in der Kirche. Was wollen Sie in dieser Hinsicht besonders fördern?

Tomasi: Ich möchte, dass in uns allen ein Bewusstsein sich tief einprägt, dass alle Christen von der Taufe her berufen sind. Und dass jede und jeder die Möglichkeit hat, eine tiefe, innige Beziehung zu Jesus Christus in der Gemeinschaft haben zu können und zu pflegen und weiterzuführen. Und von daher bin ich sicher, wenn wir uns alle in Jesus Christus verlieben, dann schaffen wir es auch, unsere Wege zu finden. Dann brauchen wir keine Angst zu haben. Alle sind gefragt, und alle sind gebraucht. Wir brauchen Priester, wir brauchen Ordensleute, wir brauchen engagierte Laien: Wir brauchen einfach Menschen, die von der Liebe Gottes betroffen sind und diese Liebe weiterschenken können.

Vatican News: Treviso ist ein Gebiet in Italien, das politisch weit rechts steht. Wie werden Sie damit als Bischof umgehen?

Tomasi: Ich denke, Politik ist eine Berufung, ein Dienst zum Gemeinwohl. Es ist eine sehr noble Tätigkeit. Mit Politikern muss auch ein Bischof, eine ganze Diözese, im Dialog bleiben. Wir müssen zuhören, wieso die Leute so wählen wie sie wählen, was für sie wichtig ist und was sie sich wünschen. Und dann miteinander im Gespräch sein. Die Kirche hat immer für Politiker gebetet. Wir sind im Gebet verbunden. Und wir bringen unsere Erfahrung vom Evangelium her zu einem Menschenbild, wo die Ängste abgebaut werden. Ich denke, das ist ein Beitrag einer Kirche und eines Bischofs: zu schauen, dass wir nicht voreinander Angst haben brauchen. Und da können wir gemeinsam Probleme lösen. Wir sind alle Menschen und wir haben alle ein Recht, miteinander leben und aufblühen zu können.

Vatican News: Papst Franziskus hat sich oft über bestimmte brennende soziale Thematiken unserer heutigen Zeit geäußert. Besonders am Herzen liegen ihm die Ärmsten und die Bedürftigsten. Zu diesen zählen in Italien die Migranten. Nun wissen wir, dass Papst Franziskus sich damit nicht nur Freunde macht mit seinem beständigen Eintreten für die Ärmsten. Wie schätzen Sie ein, wie sich das entwickeln wird, auch im italienischen Episkopat und unter den katholischen Gläubigen in Italien? 

Tomasi: Es ist sicher herausfordernd, für alle. Weil das, was er von uns verlangt, nicht ist, dass wir eine soziale Agentur werden. Er will, dass wir mit den Ärmsten, mit den Kleinsten, mit den Ausgestoßenen mitleben, dass wir sie kennen. Dass wir ihnen Platz geben in unseren Gemeinschaften. Dass wir ihnen auch die Möglichkeit geben, zu Wort zu kommen. Und das ist die große Herausforderung. Aber das Evangelium ist herausfordernd. Auch Jesus Christus ist es nicht so gut ergangen in seiner weltlichen, menschlichen Geschichte. Das Kreuz bleibt die Grundregel des Christen. Und das Kreuz heißt, keine Gewalt anzuwenden und bereit zu sein, sich für andere einzusetzen – mit dem ganzen Leben. Das kostet etwas, aber wir sind Beschenkte und wir sollten weiterschenken.

Vatican News: Letzte Frage, die sich natürlich aufdrängt: Woher können Sie so gut Deutsch?

Tomasi: Ich bin Südtiroler! Ich stamme aus Bozen, aus einer zweisprachigen Familie. Ich war jetzt mehr als 20 Jahre in der Diözese Bozen-Brixen tätig, letztlich als Bischofsvikar für den Klerus. In der Beziehung mit allen… Die Mutter war deutsche Muttersprachlerin, der Vater war italienischer Muttersprachler. Von ihnen habe ich vielleicht gelernt, zuzuhören, freundlich verschiedene Kulturen in mir aufzunehmen und mit ihnen in Dialog zu bleiben.

Das Interview führte Gudrun Sailer.

(vatican news)

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05. Oktober 2019, 12:24