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Kardinäle zum Klimaschutz: „Untätigkeit ist ein Verbrechen"

„Untätigkeit ist ein Verbrechen gegen Mensch und Natur": Dieser Satz steht in einer Stellungnahme zum Klimaschutz, die acht Kardinäle bei der Amazonien-Synode im Oktober unterzeichneten und die jetzt als Appell an die Staaten auf der 25. Klimakonferenz in Madrid veröffentlicht wurde.

„Wenn es der Menschheit nicht gelingt, den Klimawandel einzudämmen, können Krisenphänomene wie jene im Amazonasgebiet einen 'Punkt ohne Wiederkehr' erreichen", warnen die aus allen Kontinenten stammenden Kardinäle vor weiterer Untätigkeit der Politik. Einer außer Kontrolle geratene Spirale würde das Gesicht der Erde als „unseres gemeinsamen Hauses" dauerhaft verändern.

Die acht Unterzeichner des Aufrufes sind vier lateinamerikanischen Kardinäle und je ein weiterer Kardinal aus den übrigen Erdteilen Europa, Asien, Afrika und Ozeanien: Claudio Hummes aus Brasilien als Generalrelator der Amazonien-Synode, Oscar Rodriguez Maradiaga aus Honduras, die beiden Peruaner Pedro Ricardo Barreto Jimeno und Hector Miguel Cabrejos Vidarte, sowie der Präsident der EU-Bischofskommission Comece aus Luxemburg, Kardinal Jean-Claude Hollerich, Oswald Gracias aus Indien, Fridolin Ambongo Besungu aus dem Kongo und John Ribat aus Papua-Neuguinea.

Veröffentlicht wurde ihr Text auf der Website des Weltdachverbandes katholischer Entwicklungsorganisationen CIDSE. Dieser schrieb, er teile die tiefe Besorgnis über das mangelnde Engagement der Politik bei der Umsetzung vereinbarter Klimaziele.

Bei Synode „Schrei" aus Amazonien

Bei der Bischofssynode im Vatikan sei der „Schrei der Menschen" in den Amazonasgebieten und der „Schrei des Waldes selbst" als Folgen einer imperialen Lebensweise hörbar geworden, halten die acht Kardinäle eingangs fest. Und: „Was wir am Amazonas sehen, ist wie ein Labor für den ganzen Planeten." Der Sonderbericht des Weltklimarates IPCC von 2018 habe deutlich gemacht, dass die Zeit knapp werde. Bis zum Jahr 2050 bleibe nur noch wenig Zeit, um die derzeitigen CO2-Emissionen radikal zu senken.


Die IPCC-Szenarien haben laut den Kardinälen gezeigt, dass es nicht an Ideen für Regierungen mangelt es, um einen ökologischen Wandel wissenschaftlich fundiert, sozial gerecht und nachhaltig in Angriff zu nehmen. „Hier geht es nicht um Wissen; es geht um die Umsetzung." Regierungen, die Wirtschaft und die gesamte Gesellschaft hätten das Handeln zu lange aufgeschoben, „während die Verletzlichen leiden und unser Planet buchstäblich vor unseren Augen brennt", kritisieren die Kirchenführer.

In Amazonien seien die Folgen dieser Ignoranz augenscheinlich: Die dortigen Völker erlebten Dürren und Hitze wie noch nie, 20 Prozent des Baumbestandes seien bereits zerstört, es drohe die Gefahr, dass der für das Weltklima entscheidende Amazonas-Wald zu einer Savanne wird.

Kritik an Eigeninteressen mancher Staaten

Es gelte das Pariser Regelwerk für Klimaschutz fertigzustellen, um das vereinbarte Ziel von maximal 1,5 Grad an globaler Erwärmung zu erreichen. Einige Staaten würden jedoch „nicht im Geist des Pariser Abkommens verhandeln, sondern weiterhin im Eigeninteresse agieren" und Lücken bei den Emissionsregeln öffnen, beklagen die Kardinäle. „Wir sind enttäuscht über den Mangel an Ehrlichkeit und Transparenz, da die Regierungen weiterhin ihr Engagement im Rahmen des Pariser Abkommens bekräftigen, während ihre Politik das Gegenteil bewirkt." Die am stärksten gefährdeten Gemeinschaften und künftigen Generationen müssten den Preis für dieses Nichtstun zahlen.

Im Hören auf die „Stimmen des Amazonas" spüren die Kardinäle - wie sie betonen – „die gleiche Dringlichkeit, die wir von den mutigen Stimmen der Jugendklimabewegung hören". Die Kirchenvertreter verpflichten sich zur Unterstützung dieser Bewegung und deren Forderung, „unsere Lebensweise radikal zu ändern". Der synodale Prozess über die Not Amazoniens werde dazu beitragen, „eine Kirche aufzubauen, die sich für die Sorge um die Schöpfung und gemeinsam mit Umwelt- und Menschenrechtsverteidigern gegen Gewalt und Ausbeutung einsetzt", sind die acht Kardinäle überzeugt. Und auch die Kirche selbst engagiere sich für diesen Wandel hin zu Nachhaltigkeit. Der Schlusssatz im Aufruf: „Unser Glaube muss stärker sein als unsere Angst vor Veränderungen."

Weltklimakonferenz tagt seit Montag

Seit Montag tagt die Weltklimakonferenz in Madrid. 20.000 Delegierte aus aller Welt überlegen gemeinsam, wie sie den weltweiten CO2-Ausstoß verringern und sicherstellen können, dass das Pariser Klimaabkommen von 2015 auch umgesetzt wird.

In einem eindringlichen Appell hatte bereits zu Beginn der Weltklimakonferenz auch Papst Franziskus zu entschiedenem Eintreten gegen den Klimawandel aufgerufen. Die gegenwärtigen Bemühungen seien „weit von dem entfernt, was nötig ist, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen", schrieb er in einer Botschaft an die Teilnehmer. „Wie weit Worte und konkrete Taten auseinanderliegen", belegten die jüngsten Studien des Weltklimarates. Für den Papst stelle sich die ernsthafte Frage, „ob es den politischen Willen gibt, ehrlich, verantwortungsbewusst und mutig mehr menschliche, finanzielle und technologische Ressourcen einzusetzen, um die negativen Folgen des Klimawandels zu dämpfen und den Ärmsten zu helfen".

(kap – gs)

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07. Dezember 2019, 12:16