Jordanien: Patriarch lädt zu orthodoxem Krisengipfel ein
Die Einladung, die nach Angaben der Wiener Stiftung „pro oriente" „überaus respektvoll“ formuliert ist, nennt es als Ziel des Gipfels, „im Geist brüderlicher Liebe die derzeitige Krise in der Orthodoxie zu überwinden“.
Der Text der Einladung liegt jetzt im Netz vor. Davor hatten Gegner der Initiative des Jerusalemer Patriarchen wochenlang „Fake News“ über Inhalt und Stil des Schriftstücks verbreitet.
In dem Schreiben an Patriarch Bartholomaios und die anderen Kirchenführer erinnert Theophilos III. daran, dass das Jerusalemer Patriarchat seit vielen Jahrhunderten für die Einheit der Orthodoxie im Heiligen Land eintrete. Dabei sei es immer darum gegangen, dass die für die verschiedenen orthodoxen Kirchen charakteristische geschichtlich-kulturelle Verschiedenheit im gemeinsamen Glauben in eine „tiefe und dauerhafte Einheit“ mündet.
Theophilos: Ich respektierte den Ökumenischen Patriarchen
Heute sei es von außerordentlicher Wichtigkeit, dass die orthodoxen Kirchen – „dank aller Anstrengungen für Versöhnung und Frieden“ – beständig die orthodoxe Einheit hochhielten. Theophilos III. wörtlich: „Das ist nicht nur von tiefer Bedeutung für uns selbst, sondern als lebendiges Zeugnis auch für die Welt“.
In der Einladung stellt der Patriarch von Jerusalem ausdrücklich fest, dass er „Rolle, Position und Status“ des Ökumenischen Patriarchen und dessen „Privileg der Anciennität“ respektiere. Aber es bestehe die Sorge, dass sich die Krise vertiefe, von der die orthodoxe Kirche derzeit betroffen ist. Daher wolle er dem Ökumenischen Patriarchen und den anderen Oberhäuptern der autokephalen Kirchen die Möglichkeit bieten, „im Geist brüderlicher Liebe und Gemeinschaft“ gemeinsam zu beraten, wie die Einheit in der eucharistischen Gemeinschaft bewahrt werden kann“.
Da die Kirche von Jerusalem, die „Hüterin der Auferstehungskirche und des Heiligen Grabes“, in vergangenen und schwierigen Zeiten der Kirchengeschichte ähnliche Aufgaben wahrgenommen habe, wolle sie auch jetzt in diesen „herausfordernden Zeiten“ eine Brücke für die Schwesterkirchen bauen. Auf diesem Hintergrund biete das Patriarchat seine Heimstätte in Jordanien an, „damit wir gemeinsam vor dem Beginn der vorösterlichen Fastenzeit für die Kirche und die Welt Zeugen der Einheit der Orthodoxie und des orthodoxen Glaubens sein können“.
Die Einladung trägt das Datum vom 11. Dezember 2019. Theophilos III. hatte am 21. November in Moskau angekündigt, dass er die Oberhäupter der autokephalen Kirchen einladen wolle, darüber zu beraten, wie die Einheit der Orthodoxen in der eucharistischen Gemeinschaft bewahrt werden kann.
Bartholomaios: Unkanonische Initiative macht mich betroffen
Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios erklärte am Sonntag, 5. Jänner, in seiner Predigt in Konstantinopel, die Einladung des Patriarchen von Jerusalem, die „Einheit in der eucharistischen Gemeinschaft“ zu bewahren, müsse an den Patriarchen von Moskau „und nicht an alle orthodoxen Kirchen“ gerichtet werden. Die „unkanonische“ Initiative von Theophilos III. habe ihn sehr betroffen gemacht.
Zugleich erinnerte Bartholomaios I. daran, dass die russische Kirche jetzt in der Liturgie die Nennung von drei Oberhäuptern orthodoxer Kirchen unterlasse, die in voller Gemeinschaft mit der „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ seien. Außerdem wisse jeder, dass das Patriarchat von Antiochien wegen der Auseinandersetzung über die Jurisdiktion im Fürstentum Katar nicht in eucharistischer Gemeinschaft mit dem Patriarchat von Jerusalem stehe.
Skepsis in Athen und auf Zypern
Bartholomaios feierte eine Göttliche Liturgie zum 1. Jahrestag der Unterzeichnung des „Tomos“, mit dem der neugegründeten „Orthodoxen Kirche der Ukraine“ die Selbständigkeit (Autokephalie) verliehen wurde. Bei der Feier war auch Metropolit Makarij (Maletytsch) von Lemberg (Lwiw) anwesend. Der Metropolit war Oberhaupt einer der beiden schismatischen Gemeinschaften (der sogenannten „ukrainischen autokephalen orthodoxen Kirche“), aus denen die „Orthodoxe Kirche der Ukraine“ gebildet wurde.
Skeptisch zur Gipfel-Initiative von Patriarch Theophilos III. äußerten sich der Erzbischof von Athen, Hieronymos (Liapis), und das Oberhaupt der autokephalen Kirche von Zypern, Erzbischof Chrysostomos II. Der zypriotische Erzbischof sagte am Neujahrstag auf die Frage eines Journalisten, nur der Ökumenische Patriarch könne eine Synode oder eine „Synaxis“ der Oberhäupter der autokephalen orthodoxen Kirchen einberufen, „niemand anderer“. Und er fügte hinzu: „Ich denke, dass die Vorgangsweise des Patriarchen von Jerusalem nicht ernsthaft war“.
(pro oriente – sk)
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