Polen: Auschwitz soll vor der Gefahr des Vergessens bewahren
Mario Galgano und Lydia O´Kane – Vatikanstadt
In wenigen Tagen wird der Befreiung von Auschwitz gedacht. Vor 75 Jahren setzten sowjetische Truppen dem Schrecken von Auschwitz ein Ende. Die Zahlen sind unfassbar: Über eine Million Menschen wurden in Auschwitz ermordet, überlebt haben das Grauen dagegen gerade 8.000 Menschen. Heute befindet sich dort ein Mahnmal, das jährlich von tausenden Schulklassen und Besuchern aufgesucht wird. Der Leiter des Zentrums, Piotr Cywiński, erläutert uns, dass man niemals den Blick auf die schrecklichen Taten wegrichten sollte.
„Wir leben in einer Welt, die sich schnell ändert. Das betrifft viele verschiedene Bereiche des Lebens. Wir wissen nicht, wie die Welt in zehn Jahren aussehen wird. Wir müssen aber sehr vorsichtig mit Änderungen umgehen. Ein Mahnmal wie jenes in Auschwitz kann uns dabei helfen, sozusagen auf diese Änderungen vorbereitet zu sein.“
Antisemitismus sei heute leider immer noch weitverbreitet, so der Pole im Gespräch mit Radio Vatikan. Durch die raschen Änderungen, die bei vielen Menschen auf Unverständnis stoßen, entstünden Ängste. Das führe dazu, dass sich die Menschen abschotten, Gruppen bilden würden. Wer nicht dazu gehöre, werde nicht nur abgelehnt, sondern sogar bekämpft, so die Analyse des Mahnmal-Leiters.
„Es scheint so, als ob wir nicht mehr in der Lage sind, darauf zu reagieren. Es gibt heute ohne Zweifel schlechte Entwicklungen in der Politik. Ich denke hierbei an den grassierenden Populismus. Das könnte am Ende zu einer neuen Ideologie führen, in der Hass und Antisemitismus wieder die Oberhand gewinnen würden.“
Erinnern, um nicht zu vergessen
Sich an die Fehler und Schrecken der Vergangenheit zu erinnern, könnte hier Abhilfe verschaffen.
„Ich stimme mit dem Papst darüber überein, dass Gleichgültigkeit und Neid ein fruchtbarer Boden für populistische Strömungen sein können. Ich glaube aber, dass auch wer die raschen Änderungen nicht sieht und versteht, ebenso in die gefährliche Spirale des Populismus geraten kann.“
Auch wenn die letzten Zeitzeugen aussterben – wir dürfen nicht vergessen. Das hatte der Papst am Montag zu Vertretern des Simon-Wiesenthal-Zentrums gesagt, die er bei einer Audienz im Vatikan empfangen hatte.
Im Mai 2006 hatte Benedikt XVI. bei seinem Besuch in Auschwitz gesagt: „Ich stehe hier als Sohn des deutschen Volkes“, und an seinen polnischen Vorgänger erinnert. „Ich konnte unmöglich nicht hierherkommen“ an diesen Ort einer „Anhäufung von Verbrechen gegen Gott und den Menschen ohne Parallele in der Geschichte“. Dies sei „eine Pflicht der Wahrheit, dem Recht derer gegenüber, die gelitten haben“.
Als dann zehn Jahre später Franziskus die Gedenkstätte besuchte, hielt er keine Rede. Der Papst saß still und allein vor der Erschießungswand, in der Hungerzelle und betete. Im Gedenkbuch hinterließ er die Bitten: „Herr, erbarme dich deines Volkes! Herr, vergib so viel Grausamkeit!“
(vatican news)
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