Italien: „Schlimmer als im Krieg", sagt Seelsorger aus Bergamo
Aquilino Apassiti schilderte die dramatische Lage im Interview der Zeitung „La Stampa": „Die Menschen sterben allein, ohne dass jemand kommen kann, um Abschied zu nehmen." Er habe den Zweiten Weltkrieg miterlebt, bei einem Einsatz im Amazonasgebiet habe er sich mit Lepra und Malaria auseinandersetzen müssen, aber die Lage in Bergamo sei das schlimmste, was er je gesehen habe.
In der Klinik Giovanni XXIII könne er nur mit Schutzmaske arbeiten. Dies sei für ihn eine große Einschränkung, weil er den Patienten „nicht mal ein Lächeln" schenken könne. Mehr als einige kurze trostspendende Worte seien wegen der Ansteckungsgefahr meist nicht möglich.
Gemeinsame Gebete am Handy
Besonders schmerze ihn, so Apassiti, dass die Angehörigen keine Möglichkeit hätten, ihre Toten von Angesicht zu Angesicht zu betrauern. Er versuche dann, die Familien vom Sarg aus mit dem Smartphone zu kontaktieren, um gemeinsam mit ihnen ein Gebet zu sprechen. Zu einer trauernden Witwe habe er am Telefon gesagt: „Ich bin hier vor dem Sarg ihres Mannes, wir beten nun zu Gott, und der Herr wird Sie in ihrem Schmerz trösten." Dann seien er und die Frau in Tränen ausgebrochen.
Als Held fühle er sich nicht, sagt Apassiti. Das seien für ihn die Ärzte und Krankenschwestern. „Es ist schrecklich, ihre Gesichter mit den Furchen der Masken zu sehen, sie arbeiten acht Stunden am Stück - fast ohne zu atmen." Apassiti will trotz all der Not Hoffnung machen: „Wir werden das überstehen, da bin ich ganz sicher." Er selbst habe keine Angst vor dem Coronavirus. „Ich bin 84 Jahre alt, wieso sollte ich mich sorgen?"
Italienische Medien berichteten am Freitag, dass bisher landesweit mehr als 30 Priester an dem Virus gestorben seien, 16 davon allein in Bergamo.
(kap – gs)
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