Menschenleer: Grenzübergang zwischen dem Kongo und Ruanda in Goma Menschenleer: Grenzübergang zwischen dem Kongo und Ruanda in Goma 

Corona: „Afrika nicht zurücklassen!“

„Es besteht die Gefahr, dass Afrika das Opfer einer gigantischen Entsolidarisierung wird. Die Corona-Pandemie führt dazu, dass wir in den Ländern des reichen Nordens mehr denn je mit uns selbst beschäftigt sind. Dabei rollt die Welle der Infektionen gnadenlos auf die Subsahara-Länder zu.“

Das sagt Jean Djamba von der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi in einem Statement an diesem Donnerstag.

„Eine schlimme Wahrheit droht im gegenwärtigen Krisenmanagement unterzugehen: Weltweit werden der größte Teil der Erkrankungen mit lebensgefährlichem Verlauf und Todesfolge bei den Armen, Kranken und Mangelernährten im globalen Süden auftreten. Ebenso wie Deutschland aktuell viel Geld in das Gesundheitssystem investiert, muss ein Notprogramm zur Unterstützung von Kliniken aufgelegt werden, die Covid-19 in afrikanischen Ländern behandeln können. Dazu gehört insbesondere die Ausstattung mit Beatmungsgeräten.“

Wirtschaftliche Folgen der Krise abfedern

Wichtig sei es auch, die wirtschaftlichen Folgen der Krise abzufedern. „Dazu gehört als erstes eine Stundung der Schuldenrückzahlungen, um staatliche Budgetmittel für den Gesundheitssektor freizustellen. Deutschland und Europa müssen jetzt beweisen, dass ihnen das Schicksal der Menschen in den armen Ländern des Südens nicht gleichgültig ist.“

In vielen Ländern Afrikas seien selbst einfachste Hygienemaßnahmen oder andere Präventionsmaßnahmen unter den 400 Millionen Armen nur schwer durchführbar. „Auch können sich Menschen, die am Existenzminimum leben, einen längeren Verdienstausfall wegen Krankheit kaum leisten. Hinzu kommen Mangelernährung und die hohe Rate an Grunderkrankungen, die die Menschen für den Virus besonders anfällig machen.“

Vor allem Menschen in Lagern sind in Gefahr

Zwar sei die Bevölkerung in Afrika durchschnittlich viel jünger als die Europas, doch sei es absehbar, „dass es in den afrikanischen Ländern innerhalb kurzer Zeit zu einem rasanten Anstieg von Ansteckungen, zu einer großen Zahl von lebensbedrohlichen Krankheitsbildern und zu verheerenden wirtschaftlichen Folgen kommen wird“. Besonders gefährdet seien die Menschen in den großen Flüchtlingslagern wie etwa im überhaupt größten Flüchtlingslager der Welt, in Dadaab in Kenia, wo ca. 400.000 Geflüchtete aus Somalia leben.

„Die Lager sind chronisch unterfinanziert und es gibt nur ein sehr reduziertes Gesundheitssystem, geschweige denn die Möglichkeit der Isolierung, Atemgeräte oder eine intensivmedizinische Betreuung.“

Angst vor Hungersnot im Kongo

Derweil befürchten die Patres der Gesellschaft der Afrikamissionen (Weiße Väter) im Kongo eine Hungersnot infolge der Corona-Pandemie. Die Angst vor dem Virus richte im Land bereits ernsthaften Schaden an, berichtete Pater Alberto Rovelli aus Bukavu, der Hauptstadt von Süd-Kivu, dem vatikanischen Pressedienst Fides von diesem Donnerstag. Die Lebensmittelpreise seien deutlich gestiegen. „Ein paar Lastwagen Mehl kommen noch aus Ruanda, aber wo werden die Vorräte landen? Das Risiko besteht darin, dass das Virus eine Hungersnot mit sich bringt, die sich als noch tödlicher erweisen könnte als das Virus selbst“, sagte der Missionar.

Die Ausbreitung des Virus sei im Kongo bisher noch nicht dramatisch, es dürfe aber nicht unterschätzt werden. „Im Moment scheint es noch wenige Infizierte zu geben. Die Behörden sprechen von hundert Fällen in Kinshasa“, so Rovelli. „Hier in Bukavu sollten es nicht mehr als vierzig Menschen sein, die vom Virus betroffen sind und bisher gibt es keine Todesopfer. Es ist jedoch schwer zu sagen, wie viele andere Fälle es im Rest des Landes gibt, das sehr groß ist und in dem es kein weit verbreitetes Gesundheitswesen gibt.“

Kinshasa von der Außenwelt abgeschnitten

Der kongolesische Präsident Felix Tshisekedi verkündete während einer am Dienstag gehaltenen Fernsehansprache den Ausnahmezustand und kündigte die Abriegelung der Hauptstadt Kinshasa mit etwa 18 Millionen Einwohnern an. Ziel sei es, „Kinshasa zu isolieren, das sich als Krisenregion für den Ausbruch der Pandemie herausgestellt hat“.

In Bukavu betreiben die Weißen Väter ein philosophisches Bildungszentrum mit zahlreichen Studenten. Die Missionare selbst verlassen die Gemeinschaft nur noch, um Lebensmittel zu kaufen. Die pastorale Tätigkeit habe sich ebenfalls verlangsamt. „Wir sind den Anweisungen unserer Bischöfe gefolgt“, so Pater Rovelli zum Fidesdienst. Öffentliche Sonntagsgottesdienste und Totenmessen seien ausgesetzt, geplante Trauungen würden zwar noch gefeiert, aber es dürfen nicht mehr als zehn Personen anwesend sein.


(pax christi/kap – sk)
 

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26. März 2020, 16:02