Corona-Virus: Eine Strafe Gottes? Fragen an einen Kardinal
„Wir alle sollten diese Zeit des Coronavirus mit einer doppelten Haltung durchstehen“, so der profilierte Theologe. „Die erste, die natürlichste, ist, vereint zu bleiben: denn Mitgefühl mit den vom Bösen Betroffenen, insbesondere wenn es – wie heute – quantitative Dimensionen annimmt, ist ein tiefes, unmittelbares und natürliches menschliches Gefühl.“
In diesen Zusammenhang gehöre auch, dass jeder sich verpflichtet fühlen sollte, den Gesundheits-Hinweisen für den Umgang mit dem Virus Folge zu leisten – selbst wenn das gewisse Opfer verlange.
„Aber es gibt eine zweite Ebene der Reaktion auf die Epidemie, die wichtiger ist. Diese Notsituation muss in uns die Frage nach dem Sinn unseres Lebens aufwerfen… An diesem besonderen Punkt wird es entscheidend, dass jeder sich fragt: Wofür lebe ich? Man kann nicht einfach nach Wegen suchen, um dem Virus zu entgehen (auch wenn das sicherlich eine wichtige Sache ist), sondern man muss weiter gehen. Das sind Gelegenheiten, um uns nach dem Sinn des Lebens zu fragen.“
In einigen Regionen Italiens, vor allem im Norden, sind Messfeiern ausgesetzt, um Ansteckungen mit dem Virus zu verhindern. Paradoxerweise kann das ein Anlass sein, um den Sinn der Eucharistiefeier wieder zu entdecken, glaubt Scola.
„Wir feiern in unserem ambrosianischen Ritus hier in der Erzdiözese Mailand an einem Freitag der Fastenzeit nicht die heilige Messe, sondern das so genannte ‚eucharistische Fasten‘. Das Ziel besteht darin, den Mangel an dem in unserer Mitte lebendigen Christus zutiefst fühlbar zu machen… Ich bin der Meinung, dass wir hungriger nach dem Wort Gottes und hungriger nach der Eucharistie sein sollten. In diesem Sinne scheint mir die Entscheidung, die Messen in einigen Regionen auszusetzen – eine obligatorische Entscheidung, die in Zusammenarbeit mit den Behörden getroffen wurde –, von großem geistlichen Nutzen zu sein.“
Eine Strafe Gottes sei so ein Virus nicht, das betont Kardinal Scola. „Gott will das Gute! So sehr will er das Gute, dass er unser Übel, unsere Sünde, auf sich genommen und ans Kreuz genagelt hat. Er benutzt sie nicht als ein Element der Rache. Die Vorstellung von einer göttlichen Bestrafung gehört nicht zur christlichen Vision – auch nicht in so einer dramatischen Situation, wie wir sie gerade erleben. Natürlich ist das ein komplexes Thema, aber Gott greift nicht zur Bestrafung, um uns zu bekehren!“
Scola war Erzbischof von Venedig und Mailand
Scola (Jahrgang 1941) war in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Rektor der Päpstlichen Lateran-Universität. 2002 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Venedig. 2011 schickte ihn Benedikt XVI. in das größte Bistum Europas, nach Mailand. 2017 trat er als Erzbischof der lombardischen Metropole in den Ruhestand.
(vatican news – sk)
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