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Erdbeben in Zagreb: Turmspitze von Kathedrale gestürzt

Zwei mittelschwere Erdstöße in einer Abfolge von etwas mehr als einer halben Stunde haben am frühen Sonntagmorgen in der kroatischen Hauptstadt Zagreb schwere Gebäudeschäden, darunter auch an der gotischen Kathedrale und weiteren Kirchen, angerichtet.

Dutzende Menschen wurden verletzt, doch getötet wurde glücklicherweise niemand. Laut Premierminister Andrej Plenkovic war das Erdbeben das schwerste in der Region Zagreb in den vergangenen 140 Jahren.

Das „European-Mediterranean Seismological Centre“ (EMSC) gab die Stärke des ersten Bebens um 6.24 Uhr mit 5,3, die des zweiten Bebens um 7.01 Uhr mit 5,0 an. Infolge der Erdstöße stürzten Mauern ein sowie Ziegel von Dächern, Fassaden bekamen Risse. In Onlineportalen und sozialen Medien waren u.a. Bilder von staubverhangenen Straßenzügen und durch die Trümmer beschädigten parkenden Autos zu sehen.

„Es hat sich angefühlt, als wären vierzehn Sattelschlepper an unserem Haus vorbeigefahren“

Wir konnten in der kroatischen Hauptstadt Nikolina Vukojevic-Maglica erreichen, die nur wenige Kilometer vom Epizentrum des Bebens entfernt wohnt. Sie berichtete uns: „Es hat sich angefühlt, als wären vierzehn Sattelschlepper an unserem Haus vorbeigefahren. Doch dann dauerte das Beben, das kurz nach sechs Uhr morgens anfing, sehr lange an.“

Ihre zehnjährige Tochter habe neben ihr im Bett gelegen, so Vukojevic-Maglica, die seit 2006 mit ihrer Familie in Zagreb wohnt. Antea – so der Name der Tochter – sei von den Erdstößen wachgeworden und habe sich lange nicht beruhigen können.

Die Wände wackelten, das Porzellan klirrte

„Ich selbst habe mich auch unwahrscheinlich erschreckt, weil das Beben sehr heftig war und lange dauerte. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an: Die Wände wackelten, das Porzellan klirrte. Als sich dann der erste Schreck beruhigt hat, sind wir wieder in die Wohnung zurückgekehrt, doch eine halbe Stunde später kam ein zweites, starkes Beben. Da haben wir das Haus verlassen und haben uns draußen ins Auto gesetzt. Es war furchtbar kalt und windig.“

Mehrere Krankenhäuser sind, wie Vukojevic-Maglica berichtet, durch das Beben zum Teil zerstört worden. „Die Menschen werden jetzt in verschiedene andere Krankenhäuser verlegt. Das eine Krankenhaus war ein Geburtenkrankenhaus; die Mütter standen heute bei vier Grad im dünnen Pyjama mit ihren Neugeborenen auf der Straße. Das waren verheerende, unvorstellbare Bilder. Der Krisenstab befürchtet, dass sich jetzt viele Menschen erkälten werden…“

Zum Nachhören

In der Innenstadt seien derzeit die Menschen alle auf der Straße. „Polizei und Feuerwehr haben Brände gelöscht, die Armee wurde mobilisiert. Die Häuser in der Innenstadt sind alle sehr alt, von der Jahrhundertwende oder älter; sehr brüchig. Unsere Herz-Jesu-Basilika ist zerstört, auch eine Basilika oben auf dem Hügel oberhalb von Zagreb. Die Kathedrale ist zum Teil zerstört; der Sachschaden ist enorm groß. Die Menschen sind jetzt alle auf der Straße, sollen aber natürlich wegen des Corona-Virus Abstand voneinander halten, was unheimlich schwierig fällt.“

„Alles ist überall verstreut. Wir stehen unter großem Schock“

Vom Wahrzeichen der Stadt, der Kathedrale Mariä Himmelfahrt, heiliger Stephan und Ladislaus, fiel die Spitze des Südturms mit dem Kreuz aus mehr als 100 Metern Höhe herab und durchschlug das Dach. Auch das angrenzende Erzbischöfliche Palais erlitt Schäden. „Alles ist überall verstreut. Wir stehen unter großem Schock“, sagte der Rektor des Zagreber Doms, Josip Kuhtic. Das Innere der Kathedrale blieb wegen anhaltender Nachbeben vorerst nicht zugänglich.

Auch zahlreiche weitere Gotteshäuser in und rund um Zagreb wurden beschädigt. Die katholische Nachrichtenagentur IKA veröffentlichte etwa ein Video aus dem Innenraum einer Kirche im Stadtteil Remete, das die Sekunden des ersten Erbebens zeigt. Darauf ist zu sehen, wie Teile der Fresken in den Kirchenraum stürzen. Die Außenmauer der Kirche habe Risse bekommen, berichtete Pfarrer Mario Antonio Cirko. Auch aus der Franziskanerkirche im historischen Stadtkern wurden Schäden gemeldet.

Dom 1880 von Erdbeben zerstört

Zagrebs Kathedrale ist das Wahrzeichen der kroatischen Hauptstadt und das erste und wichtigste gotische Gebäude. Sie wurde ab Ende des 13. Jahrhunderts unter Einbeziehung von Resten des romanischen Vorgängerbaus erbaut.

In der Geschichte haben wiederholt Erdbeben Zagreb und auch den Dom zerstört. 1880 stürzten das Hauptschiff und der Glockenturm der Kathedrale ein. Der Wiener Architekt Friedrich von Schmidt besorgte den Wiederaufbau in neugotischen Formen. Durch Vernachlässigung in kommunistischer Zeit erlitt das Bauwerk starke Schäden. Eine aufwändige Restaurierung dauert seit 1990 an. Der beim Beben an der Spitze beschädigte Südturm ist seit einiger Zeit an seiner unteren Hälfte eingerüstet.

(vatican news/kap – sk)
 

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22. März 2020, 12:43