Arjan Dodaj: Vom Migranten mit atheistischer Erziehung zum Bischof in Albanien
Andrea Tornielli - Vatikanstadt
Der Klang seiner Stimme verrät auch durch den Telefonhörer immer noch die Überraschung über seine Ernennung zum Weihbischof. Sein Schicksal ist eine der vielen kleinen, und doch so großen Geschichten, aus denen das tägliche Leben der Kirche gewoben ist. Arjan Dodaj wurde vor 43 Jahren in Laç-Kurbin an der Küste Albaniens geboren. Er kam als Migrant über die Adria, nachdem er im Alter von sechzehn Jahren in einer sternenklaren Nacht im September 1993 ein klappriges Boot bestiegen hatte, getrieben von der Suche nach einer Zukunft und einer Möglichkeit, seine arme Familie zu unterstützen.
In Italien angekommen, arbeitete er mehr als zehn Stunden am Tag als Schweißer und Gärtner, um sich und seine Familie im fernen Albanien zu ernähren. Er hatte das Glück, auf eine Gemeinschaft zu treffen, in der er sich zu Hause fühlte. So entdeckte er den christlichen Glauben, der dank der Lieder, die ihm seine Großmutter zugeraunt hatte, tief in seinem Inneren verborgen war. Zehn Jahre später wurde er von Johannes Paul II. für die Priesterbruderschaft der Söhne vom Kreuz zum Priester geweiht. 2017 kehrte er als Fidei-donum-Priester in sein Land zurück. Am 9. April dieses Jahres ernannte ihn Papst Franziskus zum Weihbischof der Erzdiözese Tirana-Durrës.
„Ich kam kurz nachdem der Kommunismus gefallen war nach Italien“, erzählt der neu ernannte Bischof. „Zu diesem Zeitpunkt war es nicht möglich, reguläre Visa zu erhalten. Der einzige Weg war, mit einem Flüchtlingsboot überzusetzen. Doch leider kam es auch vor, dass Boote abgefahren und niemals angekommen sind...“
Arjan wurde im kommunistischen Albanien geboren und wuchs dort in seiner Familie auf, die ihn zum Atheismus erzog. „Ich wurde in einem Umfeld geboren, in dem leider jedes Zeichen, das an den Glauben erinnerte, verboten war. In den ersten Jahren meines Lebens habe ich nie etwas von Gottes Existenz erfahren. Meine Eltern waren leider auf schreckliche Weise durch den Kommunismus indoktriniert. Aber meine Großeltern beteten zum Herrn.“
Es war Arjans Großmutter mütterlicherseits, die ihm die ersten Worte des Glaubens auf sanfte und unauffällige Weise einflößte: „Meine erste Begegnung mit Gott ist wie ein Refrain in meinem Kopf, in meiner Seele. Meine Großmutter war allen Drohungen zum Trotz völlig frei und lebte das Gebet. Da sie nicht schreiben konnte, hatte sie die Gebete durch Singen auswendig gelernt. Und so kannte sie Gebetsreime und auch die christliche Lehre. Erst als ich nach Italien kam, merkte ich, dass sie mir viele Dinge beigebracht hatte, zum Beispiel über die Sakramente, während sie bei der Hausarbeit vor sich hin sang. So habe ich zum Beispiel auch den zweiten Teil des Ave Maria gelernt. Sie forderte mich immer wieder auf, die zweite Strophe zu singen. So hat sie mir Gott nahe gebracht.“
Doch nicht nur im fernen 1993, sondern auch in der Gegenwart wiederhole sich seine eigene Geschichte ständig, unterstreicht der neue Weihbischof von Tirana-Durrës: „Man sieht heute viele Menschen auf den Booten ankommen. Ich denke, man sollte an diese Tränen, diese Opfer, diese schmerzbeladenen Schicksale denken - denn wenn sie nicht leiden würden, würden sie nicht kommen.“
Dank Freunden, die kurz vor ihm nach Italien ausgewandert waren, fand Arjan Zuflucht in Dronero bei Cuneo, wo er Schweißerlehrling wurde: „Zuerst haben wir Fahrradrahmen geschweißt. Dann habe ich auch viele Gelegenheitsjobs angenommen, auf Baustellen und als Gärtner, so dass ich meine Familie unterstützen konnte, weil wir wirklich sehr arm waren.“ Andere Bekannte luden ihn ein, an Treffen in der Pfarrei teilzunehmen. „Ich arbeitete viel, manchmal sogar mehr als zehn Stunden am Tag, und so war ich abends ziemlich müde. Ich hatte nicht viele Freunde. Bekannte erzählten mir, dass sich eine nette Gruppe junger Leute in der Pfarrei traf, die von Don Massimo geleitet wurde. Er gehörte der Gemeinschaft "Haus Maria" an. Ich hatte dort wirklich eine gute Zeit! Ich fand die Fürsorge, die ich in dieser sehr heiklen Phase meiner Jugend brauchte.“
Arjan ließ sich taufen und bat 1997 um Aufnahme in die römische Priesterbruderschaft der Söhne vom Kreuz und ihre Gemeinschaft "Haus Maria". Dort bereitete er sich darauf vor, Priester zu werden, trotz der Schwierigkeiten, seine Eltern von seiner Entscheidung zu überzeugen. Zehn Jahre nach seiner Landung in Italien war es dann Papst Johannes Paul II. selbst, der ihm im Petersdom die Hände auflegte.
„Im Jahr 1993, dem Jahr meiner Ankunft in Italien, besuchte der Papst Albanien. Das Land hatte gerade die Diktatur hinter sich gelassen, alles glich einem Schlachtfeld mit viel Elend und Armut, aber gleichzeitig herrschte auch ein großes Bedürfnis nach Neuem. Auch ich erinnere mich noch, so wie viele damalige Kinder und Erwachsene, an die Menschenmengen, die das Auto des Papstes von Tirana nach Shkodra begleiteten. Seine Gestalt hat mich immer begleitet, ebenso wie unsere heilige Mutter Teresa. Während wir die Diktatur hinter uns ließen, schüttete sie über uns den Balsam der Zärtlichkeit, der Liebe, der Güte und der Hoffnung aus, den sie so vielen armen Menschen der Welt in der Not zu geben wusste.“
Arjan Dodaj arbeitete in verschiedenen Pfarreien und wurde Kaplan der albanischen Gemeinde in Rom. Im Jahr 2017 bat der Erzbischof von Tirana, George Anthony Frendo, darum, dass er in seiner Diözese dienen könne. Der Obere der Gemeinschaft "Haus Maria", Giacomo Martinelli, und der Kardinalvikar von Rom, Angelo De Donatis, stimmten zu. So kehrte Arjan als Missionspriester in sein Land zurück.
Und nun, etwa drei Jahre später, die unerwartete Ernennung zum Weihbischof. „Ehrlich, nie und nimmer hätte ich so etwas gedacht oder gewünscht. Ich war sehr glücklich dabei, in den Pfarreien zu wirken, im täglichen Umgang mit den Familien, mit meiner Gemeinschaft, mit den Gemeindemitgliedern - mit den uns anvertrauten Menschen. Nun kam dieser weitere Auftrag, diese Ernennung durch den Heiligen Vater Papst Franziskus. Ich habe sie im Vertrauen auf den Herrn, auf die Gottesmutter und im Gehorsam gegenüber der Kirche angenommen.“
Auch Christen anderer Konfessionen und muslimische Gläubige sind zufrieden mit der Wahl des Papstes. Albanien war das erste europäische Land, das Franziskus besucht hatte - ein Symbol des harmonischen Zusammenlebens zwischen verschiedenen Religionen. Doch: „Das ist keine religiöse Toleranz“, unterstreicht Arjan Dodaj - „es ist sehr wichtig, miteinander zu reden und zu verstehen, dass es sich um Harmonie, Vertrautheit, den Geist fruchtbarer Zusammenarbeit und gegenseitiger Unterstützung handelt.“
(vatican news - cs)
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