Februar 2020: Eine Demonstration junger Befürworter von Präsident Biya vor der Französischen Botschaft Februar 2020: Eine Demonstration junger Befürworter von Präsident Biya vor der Französischen Botschaft  

Kamerun: „Jetzt ist die Zeit für Frieden nach drei Jahren Bürgerkrieg

Nach Jahren des gegenseitigen Mordens ist der Moment für Frieden gekommen. Diesen Appell richtet der Erzbischof von Bamenda in einem Hirtenbrief an die Bevölkerung der beiden englischsprachigen Regionen Kameruns, die seit 2016 mit Gewalt für ihre Loslösung von Kamerun kämpfen.

„Wir alle hätten lernen müssen, dass es leicht ist, einen Krieg zu beginnen, aber schwer, einen Krieg zu beenden“, so Erzbischof Andrew Nkea Fuanya. Er rief zu einer versöhnlichen Grundhaltung auf. Jeder hätte angesichts von so viel Gewalt und Ungerechtigkeit Grund, zurückzuschlagen, doch das bringe niemanden voran. „Den Frieden oder den Waffenstillstand zu suchen, ist kein Zeichen von Schwäche oder Feigheit, im Gegenteil, es zeigt Reife und wirkliche Liebe für die Heimat und für die anderen“, so der Erzbischof.

Kamerun besteht aus zehn Provinzen, acht davon französischsprachig mit rund 20 Millionen Einwohnern; und zwei englischsprachig mit rund fünf Millionen Einwohnern. Seit Beginn der Unruhen, die einige als Bürgerkrieg beschreiben, starben nach einem aktuellen Bericht der Konrad Adenauer-Stiftung in den anglophonen Gebieten mehr als 3.000 Personen, mehr als 750.000 Menschen flüchteten oder wurden vertrieben. Die Hälfte der verbliebenen anglophonen Bevölkerung ist auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Der Brief der Bischöfe an den Präsidenten

Gewaltsame Ausschreitungen lähmen zudem das öffentliche Leben in den beiden Regionen. Viele Städte verhängten Ausgangssperren, einige Schulen sind seit Jahren geschlossen. 800.000 Kinder können nicht mehr zur Schule gehen, bemängelten die Bischöfe im Februar in einem Brief an Präsident Paul Biya. Auch sind immer mehr kriminelle Banden unterwegs, die als Separatisten getarnt die Bevölkerung terrorisieren und Schutzgelder erpressen.

Im Februar 2020 konnte der 87-jährige Präsident Biya in Kamerun trotzdem seine Macht festigen. Im 38. Jahr seiner Regierungszeit gewann seine Partei CPDM erwartungsgemäß die Parlaments- und Kommunalwahlen. Diese waren seit 2018 wegen des Konflikts in den anglophonen Gebieten zweimal verschoben worden. Biya war für sein unentschlossenes Handeln in die Kritik geraten, als im vergangenen Jahr massive Übergriffe des Militärs auf Zivilisten bekannt wurden. Ein Nationaler Dialog im September 2019, der einen Sonderstatus für die anglophonen Regionen festlegte, wird von der Bevölkerung in den betroffenen Regionen als Farce bezeichnet und konnte die Krise nicht beenden.

Hintergrund

Historisch lässt sich der Konflikt auf problematische Grenzziehungen der ehemaligen Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien zurückführen. Als 1972 der zentralistische Einheitsstaat Kamerun entstand, kam es zu einem Nebeineinander von zwei Amtssprachen, zwei Rechtssystemen und zwei Bildungssystemen. Die anglophone Bevölkerung fühlt sich bei der Umsetzung dieses Systems jedoch diskriminiert. Friedliche Proteste von Lehrkräften und Anwälten eskalierten 2016 in gewaltsamen Auseinandersetzungen mit dem Militär. Daraufhin radikalisierten sich Teile der Bevölkerung und fordern seitdem die Unabhängigkeit der anglophonen Provinzen als eigenen Staat „Ambazonien“.

(fides/kas – gs)

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24. April 2020, 12:42