Bergamo: Viele Tote, noch mehr Solidarität - und ein Anruf vom Papst
Fabio Colagrande und Gudrun Sailer - Vatikanstadt
„Mamma mia“, sagt Don Matteo Cella, „das war wirklich unbeschreiblich, dieses Gefühl!“ Der Anruf aus dem Vatikan kam ohne die leiseste Vorwarnung, die jungen Leute seiner Pfarrei hatten den Priester nicht etwa informiert über den Brief an den Papst, in dem sie schilderten, was auf Initiative ihres tapferen Pfarrers in Nembro so alles geschieht, damit niemand durch die Maschen fällt in diesem Corona-Desaster. Dabei habe er nichts Außergewöhnliches getan, beteuert Don Matteo. „Wir haben versucht, die Beziehungen zwischen den Menschen zu erhalten, auch auf Distanz, niemanden allein zu lassen, Hoffnung zu geben.“
Also verteilten Freiwillige in Nembro Mundschutz und Broschüren, Jugendliche gaben Nachhilfe, gingen für andere einkaufen und zur Apotheke, richteten den Livestream zur Messe am Sonntag ein, musizierten, waren einfach da. Sein Dorf habe, erzählt Don Matteo, ausgerechnet in diesen Wochen der Prüfung etwas entdeckt, etwas, das offenbar auch dem Papst gefiel, als den Brief aus Norditalien las: „Großzügigkeit, neue Möglichkeiten, die vorher undenkbar schienen, die Sehnsucht, einander nahe zu bleiben. Der Papst hat uns dafür gedankt, das hat mich wirklich gerührt. Dabei habe ich einfach versucht, das Beste aus meinen Möglichkeiten herauszuholen und Leute mit ins Boot zu holen. Es geht doch darum, den Menschen in dieser Lage eine Botschaft der Hoffnung und der Zuversicht zu geben, das war wirklich nötig.“
In nur wenigen Wochen sind in und um Nembro 180 Menschen am Coronavirus verstorben, Don Matteo nennt die erschreckend hohe Zahl. „Zum Glück ist diese Notsituation jetzt vorbei“, sagt er, „und die Dinge kehren offenbar zur Normalität zurück. Aber klarerweise ist das eine verwundete Gemeinde, die so viele Angehörige verloren hat. Bei uns gibt es nicht eine einzige Familie ohne Trauerfall.“ Oft sei Nembro gerade wegen seiner vielen Toten als schwarzes Schaf dagestanden, als Seuchenträger, der viel zu lange nichts gegen das Virus unternommen hätte. Das, sagt Don Matteo, ist Vergangenheit.
„Ich glaube, heute können wir Nemo betrachten als Hauptstadt der Solidarität und der Fähigkeit, konstruktiv mit einem Übel umzugehen, das keiner erwartet hat, das uns aber auch dazu gebracht hat, das Beste aus uns herauszuholen. Ich spreche von Gesten der Freiwilligkeit, der Sensibilität für Leidende. Es gibt eben auch eine andere Geschichte von Nembro, die wir erzählen können: nicht nur die Geschichte der Kranken, der Toten, der Zahlen. Es gibt eine Geschichte der Hilfe, der Solidarität, die vielleicht auch zu einer Geschichte dankbaren Gedenkens an all jene wird, die uns zu früh verlassen haben.“
(vatican news)
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