Libysche Flüchtlinge, hier auf Malta Libysche Flüchtlinge, hier auf Malta  

Weltflüchtlingstag im Corona-Jahr: Hunger und Armut sind stärker

Seit 2001 hat sich die Lage von Flüchtlingen rasant zugespitzt. Das geht aus dem UNO-Flüchtlingsreports „Global Trends“ hervor. Selbst die Corona-Pandemie wird laut Prognose die Menschen nicht abhalten, ihre Heimat zu verlassen und zu fliehen: die Angst vor Krieg und Hunger ist größer als die vor dem Virus.

Laut dem Flüchtlingsreport „Global Trends“ waren 2019 rund 79,5 Millionen Menschen auf der Flucht - mehr als ein Prozent der Weltbevölkerung. Im Vergleich zu 2018 sind das fast 9 Millionen mehr; im Zehnjahresvergleich hat sich die Zahl sogar annähernd verdoppelt.

Zunahme der Binnenflüchtlinge schlägt sich nieder

Zur 20. Auflage des Weltflüchtlingstags am Samstag liegen die Zahlen des Berichtes erneut auf einem Höchststand. Die Gründe dafür sind vielfältig; besonders schlägt sich darin eine Zunahme der Binnenflüchtlinge nieder, etwa in Syrien, Kongo und dem Jemen.

Dem Bericht zufolge fast unverändert ist die Lage in Europa. Weniger als 10 Prozent der fast 80 Millionen Flüchtlinge leben hier - zieht man die innereuropäischen Binnenvertriebenen ab, sind es sogar nur noch etwas mehr als drei Prozent.

Dennoch ist die Flüchtlingsfrage „ein Schlüsselthema“ für Europa, wie es Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auch für die im Juli beginnende EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands angekündigt hat. Dabei gehe es aber in erster Linie um konsequentere Abschiebung. „Wir sind bereit, Schutzbedürftige aufzunehmen, aber der Rechtsstaat muss sich auch durchsetzen, dass die Personen, die nicht schutzbedürftig sind, wieder in ihre Herkunftsländer zurückkommen“, so Seehofer.

Vertreibung als Dauerzustand

Eine Verbesserung der globalen Lage ist nach Einschätzung der UN aktuell nicht in Sicht, eher im Gegenteil. Anders als - zumindest bedingt - in den 90er Jahren ist Vertreibung aktuell „kein kurzfristiges und vorübergehendes Phänomen mehr“, wie UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi betont. „Von den Betroffenen kann nicht erwartet werden, jahrelang in Ungewissheit zu leben, ohne die Chance auf eine Rückkehr und ohne Hoffnung auf eine Zukunft an ihrem Zufluchtsort.“

Es ist also unwahrscheinlich, dass die Zahlen für 2020/21 zurückgehen. Selbst die Corona-Pandemie wird die Menschen nicht abhalten, ihre Heimat zu verlassen und zu fliehen. Trotz überfüllter Flüchtlingslager - wie etwa auf den Griechischen Inseln, wo das Virus um sich gegriffen hatte - ist die Angst vor Krieg und Hunger größer und wohl auch realistischer als vor einer möglichen Ansteckung.

UN-Programm wegen Pandemie eingeschränkt

Auf das Programm der UN zum Weltflüchtlingstag hat die Pandemie dagegen großen Einfluss genommen. So musste die 2019 gestartete Kampagne „#StepWithRefugees“ auf Eis gelegt werden. Die Idee dahinter: mitmachen und Schritte zählen. In zwölf Monaten sollen so unter diesem Schlagwort zwei Milliarden Kilometer Laufstrecke erreicht werden - laut Hilfswerk dieselbe Distanz, die weltweit alle Flüchtlinge zusammengenommen im Jahr zurücklegten. Das solle in erster Linie Solidarität zeigen, aber natürlich auch Spenden für die Flüchtlingshilfe akquirieren. Die Aktion sollte in Verbindung mit großen Sportveranstaltungen, den Olympischen Spielen oder der Fußball-EM sowie kleinen lokalen Ereignissen wie Marathonläufen stattfinden. Da diese momentan nicht denkbar sind, muss auch die Kampagne warten.

Katholischer Welttag der Migranten im September

Neben dem UN-Aktionstag macht im Jahreskreis auf das Flüchtlingsthema weiter der katholische Weltflüchtlingstag aufmerksam. Der katholische Welttag der Migranten und Flüchtlinge findet, ausgerufen von Papst Benedikt XV. (1914-1922), seit 1914 statt. Dessen 106. Auflage am 27. September steht unter dem Motto „Gezwungen zu fliehen - wie Jesus Christus“ und befasst sich vor allem mit Binnenflüchtlingen. Theologischer Ausgangspunkt der geplanten Aktionen ist der biblische Bericht über die Flucht von Jesus von Nazareth als Kind mit seinen Eltern nach Ägypten.

(kna – pr)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

18. Juni 2020, 09:23