Indien: Spannungen wegen Zwangsenteignungen
Bei Einsätzen im Morgengrauen hat die Polizei nach Angaben der Agentur zugunsten der orthodoxen Malankara-Gemeinschaft drei Kultgebäude der sogenannten Jakobiten-Kirche übernommen. Die Polizei setzte - so Uca News - dabei Gewalt ein, um Hunderte von Demonstranten, darunter jakobitische Priester und Bischöfe, zu entfernen.
„Frauen, Kinder und Bischöfe waren grausamer Polizeibrutalität ausgesetzt“, hieß es in einer Erklärung der jakobitischen Bischöfe nach dem Geschehen. Sie protestierten gegen die „unmenschliche und ungerechte“ Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von Kerala, die zu „dem überstürzten Schritt führte, die Kirchen zu enteignen“. Die Bischöfe beschlossen, Proteste in ihren Kirchen zu organisieren und sich dabei an die Covid-19-Protokolle zu halten.
Der Streit ist Jahrhunderte alt
Der Streit ist Jahrhunderte alt, aber das Urteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 2017 besagt, dass die meisten umstrittenen Kirchengüter der jakobitischen Kirche abgenommen und der orthodoxen Gruppe der malankarisch-orthodoxen Kirche übergeben werden sollten. In diesen Tagen erst wurde der Gerichtsbeschluss auch in Taten umgesetzt.
Der Staat verzögerte die Umsetzung des Befehls wegen der damit verbundenen Sensibilitäten. Die orthodoxe Seite wandte sich jedoch erneut an das Gericht, um die Umsetzung der Verfügung zu erwirken. Das Gericht forderte den Staat daraufhin auf, das Urteil umzusetzen, was zu der jüngsten Polizeiaktion führte. Ein Beamter teilte den Medien mit, dass Finanzbeamte die Schlüssel der Kirchen mitgenommen hätten und sie dem Obersten Gerichtshof von Kerala vorlegen würden.
Mehr als tausend Gebäude von Enteignung bedroht
Mehr als 1.100 Kirchen im Besitz der jakobitischen Kirche seien nach dem Gerichtsbeschluss von einer gewaltsamen Übernahme bedroht, sagte Biby Kadavumbhagam, der eine offizielle Publikation der Jakobiten herausgibt.
„Wir sind sehr traurig, dass etwa fünfzig Kirchen nach dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs bereits an die orthodoxe Seite übergeben worden sind“, sagte er am Donnerstag gegenüber Uca News und fügte an, dass die orthodoxe Seite nur eine „verschwindend geringe Präsenz“ vorweise. Aber der Gerichtsbeschluss habe ihr nun „die Oberhand“ gegeben.
Unklare Zahlen
Beide Kirchen übertreiben nach Angaben von Uca News die Zahl ihrer Gläubigen. Experten schätzen, dass beide zusammen etwa zwei Millionen der etwa sechs Millionen Christen in Kerala zählen könnten.
Kadavumbhagam behauptete, der Gerichtsbeschluss habe eine merkwürdige Situation geschaffen, in der zwei oder drei Familien eine ganze Kirche beanspruchen.
Zum Beispiel habe die Gemeinde Thiruvarppu, deren Kirche diese Woche übernommen wurde, etwa 170 Familien, aber nur zwei gehörten der orthodoxen Kirche an. „Aber jetzt hat die Polizei die Kirche übernommen und ihnen gegeben, und die Mehrheit ist nun gezwungen, eine alternative Regelung für ihren Gottesdienst zu finden“, sagte Kadavumbhagam. „Doch unser Glaube ist stark, und wir werden nirgendwo hingehen“, sagte Kadavumbhagam. „Wir werden uns stellen und wachsen.“
Jahrhunderte alte Fehde
1911 war es in der malankarischen Kirche, einem Zweig der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien, mit der Gründung der malankarisch-orthodoxen Kirche zu einer Spaltung gekommen. Der geistliche Leiter der orthodoxen Gemeinschaft hat seinen Sitz in Kerala, während die Jakobiten ihre Loyalität dem Patriarchen von Antiochien bekunden.
Nach der Spaltung begann ein Streit über die Besitztümer - große Flächen von erstklassigem Land und jahrhundertealte Kirchen und damit verbundene Institutionen. Im Jahr 1934 kam es zwischenzeitlich zu einer Einigung, doch 1973 brach die Spaltung wieder auf.
Es gibt auch syro-malankarische Christen, die zur katholischen Ostkirche gehören. Es handelt sich um Katholiken der indischen Thomaschristen des antiochenischen Ritus. Daneben gibt es noch weitere christliche Konfessionen in Kerala.
(ucan – mg)
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