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Weißrussland: Religionsverteter beten gemeinsam für Lösung

Ranghohe Vertreter der Kirchen, des Judentums und des Islam haben in der Hauptstadt Minsk gemeinsam für ein Ende der politischen Krise in Belarus gebetet. Am Dienstagabend trafen sie sich in der Kirche Sankt Simon und Sankt Helena am Unabhängigskeitsplatz. Auf dem Platz hatten am Sonntag mehr als 100.000 Menschen für den Rücktritt von Staatspräsident Alexander Lukaschenko demonstriert.

Der katholische Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz sagte mit Blick auf die mutmaßliche Fälschung der Präsidentenwahl zugunsten von Langzeitpräsident Lukaschenko sowie die Polizeigewalt gegen Demonstranten, es sei „so viel Böses geschehen". Die Belarussen wollten wieder Brüder und Schwestern sein. Er betete dafür, dass Belarus ein Land des Friedens und ein Ort werde, an dem die Menschen nach Gottes Gesetz lebten. Die Spaltung des Landes solle überwunden werden. Er dankte auch dem Europa-Netzwerk der katholischen Menschenrechtskommissionen „Iustitia et Pax", das zu Gebeten für Belarus aufgerufen hatte.

Erzbischof will Innenminister treffen

Bereits zuvor hatte Erzbischof Kondrusiewicz die Regierung zur sofortigen Freilassung der von der Polizei verhafteten Anhänger der belarussischen Demokratiebewegung aufgerufen. Zugleich appellierte er an Innenminister Juri Karajew, ihn persönlich zu empfangen, „um die gegenwärtige schwierige Situation zu erörtern und Gewalt in Zukunft zu verhindern", wie die katholische Kirche mitteilte. Kondrusiewicz bat Priester, verhaftete Demonstranten in Gefängnissen zu besuchen und sie seelsorglich zu unterstützen. 

Im Gegensatz zur orthodoxen Kirche hatte die katholische Kirche in Belarus sich zuletzt zunehmend hinter die Kritiker des autoritär regierenden Lukaschenko gestellt. Etwa 15 Prozent der 9,5 Millionen Belarussen sind katholisch. Die Mehrheit der Bürger des seit 1991 unabhängigen Landes sind orthodoxe Christen.

Papst betete für Belarus

Auch Papst Franziskus hat seine Sorge über die Lage in Weißrussland bekundet. „Ich verfolge die Lage nach der Wahl in diesem Land”, sagte das Kirchenoberhaupt vergangenen Sonntag nach dem Angelus auf dem Petersplatz, „und ich rufe zum Dialog auf, zum Verzicht auf Gewalt sowie zum Respekt der Justiz und des Rechts”.

Hintergrund

Bei den Massenprotesten gegen Lukaschenko waren vergangene Woche laut Regierungsangaben rund 7.000 Menschen festgenommen worden. Bis auf 44 Teilnehmer an ungenehmigten Kundgebungen seien alle inzwischen wieder auf freien Fuß, teilte die Sprecherin des Innenministeriums im Kurznachrichtendienst Telegram mit. Laut Minsker Bürgerrechtlern werden noch mehr als 80 Teilnehmer der Demonstrationen vermisst.

Orthodoxe Kirche will vermitteln

Der orthodoxe Minsker Metropolit Pawel hatte Lukaschenko zunächst zur Wiederwahl gratuliert. Am Montag besuchte er dann jedoch in einem Krankenhaus Patienten, die von Polizisten bei den Demonstrationen schwer verletzt worden waren, und forderte eine „gerechte Untersuchung der Straftaten".

In einer zuvor veröffentlichten Erklärung des Synods der orthodoxen Kirche in Belarus wurde die Bevölkerung aufgerufen, die Demonstrationen gegen Lukaschenko zu beenden, wie das Nachrichtenportal „orthodoxtimes.com" (Montag) berichtete. Zugleich appellierten die Kirchenführer zu Frieden und Dialog. Die weißrussische Regierung wurde ebenfalls aufgefordert, die Gewalt durch die Sicherheitskräfte zu stoppen und jenen Gerechtigkeit zu verschaffen, die in den vergangenen Tagen von der Polizei geschlagen oder zu Unrecht verhaftet worden waren.

In der Erklärung war laut dem Portal allerdings auch von „Provokateuren" und „Anstiftern" die Rede, die „das Land destabilisieren und die Menschen spalten" wollten. Beobachter sehen daher eine stärkere Nähe der orthodoxen Kirche zur Regierung als zur Opposition. An den Demonstrationen nahmen freilich auch orthodoxe Geistliche teil, wie der Pressedienst „AsiaNews" berichtete.

(kap/kna/vn – sst)

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19. August 2020, 08:54