Madagaskar: Tod und Armut haben nicht das letzte Wort
Antonella Palermo und Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
Im Interview zum Jahrestag des Papstbesuchs in der Hauptstadt Antananarivo berichtet der Ordensmann auch über die besonderen Herausforderungen der Kirche angesichts der Corona-Pandemie. Trotz aller Schwierigkeiten der Bevölkerung – etwa der großen Armut in Madagaskar, habe Franziskus bei seinem Besuch vom 6. bis zum 8. September 2019 den Menschen Hoffnung gebracht, sagt uns Pater Luciano:
„Der Papst hat Frieden gesät. Und zwar diesen Frieden, der Zuversicht, Harmonie, innere Erfüllung bringt. Er war Sämann der Hoffnung. So, wie er uns auch in diesen Monaten der Pandemie immer wieder sagt: Die Hoffnung ist der auferstandene Herr. Tod und Armut haben nicht das letzte Wort, sondern das Gute hat das letzte Wort.
Vieles vom Papstbesuch hier auf Madagaskar ist in meinem Herzen noch lebendig: Zunächst die Begegnung mit den Bischöfen, die Papst Franziskus einlud, ,wahre Hirten‘ inmitten des Volks zu sein. Er hat ihnen gesagt, sie sollten Gott, den Priestern und dem Volk nahe sein. Und er hat auch daran erinnert, so wie er es oft tut, dass die Armen im Evangelium bevorzugt sind: Es ist unsere besondere Pflicht, Armen und Opfern von Missbrauch nahe zu sein und sie zu schützen, genauso wie alle Opfer einer Wegwerfkultur.“
Kinder von der Straße und aus den Müllbergen holen
In Madagaskar gibt es viele Opfer dieser vom Papst angeprangerten Wegwerfkultur - es ist eines der ärmsten Länder der Welt. Der größere Bevölkerungsteil des Inselstaates gehört indigenen Religionen an; etwa rund 23 Prozent bekennen sich zum Katholizismus. Papst Franziskus hat bei seinem Besuch vor einem Jahr den Katholiken vor Ort auch noch einmal klar gemacht, worauf es bei der Hilfe für Arme besonders ankommt:
„Es stimmt, es gibt hier viel Armut und viel Ausbeutung und Missbrauch der Leute. Aber wenn es einem gelingt, wie es uns auch der Papst gesagt hat, den Wert des Anderen sichtbar zu machen - denn wir sind alle Abbild Gottes - dann kann es auch gelingen, einen Menschen wieder aufzurichten, so dass dieser seine ursprüngliche Würde wieder bekommt. Dann öffnet sich dieser Mensch auch – das merken wir auch jetzt in dieser Zeit der Pandemie immer wieder: Viele junge Leute sind zu uns gekommen und haben uns ihr Herz ausgeschüttet, uns von ihren Sorgen erzählt.“
Der Kontakt besonders zu den Kindern und Jugendlichen ist für die Arbeit von Pater Luciano zentral, denn dem Don-Orione-Werk ist besonders die Bildung der Indigenen ein Anliegen. Es ermöglicht 1.500 Kindern und Jugendlichen den Schulbesuch, sorgt für geregelte Mahlzeiten und bietet auch Hilfe im Gesundheitsbereich. Gerade Corona zeigte auch, wie wichtig das sei, berichtet der Ordensmann:
„Wenn es die Schule nicht gäbe, wären diese Kinder und Jugendlichen Straßenkids. In den Monaten der Pandemie hat sich das besonders gezeigt. Daher haben wir auch versucht, ein gewisses, regelmäßiges Angebot aufrecht zu erhalten. Aber eine Weile mussten wir aufgrund der Pandemie komplett schließen und da gingen die Kinder betteln, um zu überleben. Das macht deutlich, was für eine wichtige Rolle die Schule dabei spielt, Kindern und Jugendlichen aus der Armut herauszuhelfen. Es ist natürlich genauso wichtig, dass die Eltern begreifen, wie wichtig Erziehung und Ausbildung für die kulturelle und menschliche Entwicklung im Leben sind.“
Ausbeutung der Menschen und des Landes muss enden
Perspektiven gibt es sonst kaum in dem extrem armen Land, wo Menschen etwa auf Mülldeponien leben oder in Hütten aus Lehm und Stroh, die sich während der Regenzeit oft einfach auflösen. Was passiert, wenn es dann noch Epidemien gibt, kann man sich ausmalen. Als Franziskus vor einem Jahr in Antananarivo war, grassierten die Masern, mehr als 1000 Menschen starben daran. Die Kirche vor Ort tut was sie kann, um nun auch bei der Coronavirus-Pandemie für die Menschen da zu sein, versichert der Don Orione-Delegat auf Madagaskar. Damit das Land wirklich wieder auf die Füße kommen kann, braucht es aber ein Ende der Ausbeutung Madagaskars, fordert der Ordensmann:
„Madagaskar ist reich an Ressourcen, an Mineralien, natürlichen Rohstoffen. Leider ist es in den vergangenen Jahren aber ausgebeutet worden. Denken wir ans Palisanderholz oder andere Edelhölzer. Denken wir an die mineralischen Ressourcen – sie sind in der Hand einiger weniger Ausländer, die sich diese Reichtümer nehmen und sie in ihre Länder holen. Vielleicht bauen sie hier ein Krankenhaus oder eine Schule als , Wiedergutmachung`, aber das ist ein Kuhhandel, das ist niemals angemessen und sozial gerecht.“
Pater Luciano Mariani, Don Orione-Delegat auf Madagaskar, ruft daher die Länder, die sich in Madagaskar bereichern, dazu auf, dem Land angemessen zu helfen, damit es aus eigener Kraft allen Einwohnern ein Leben in Würde ermöglichen kann. Papst Franziskus hatte sich bei seinem Besuch des Inselstaats vor einem Jahr ganz ähnlich geäußert, und auch jüngst erneut die Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch multinationale Konzerne kritisiert. In seinem Gebetsanliegen für den Monat September sprach er von „ökologischer Schuld“ und bat um Gebete dafür, „dass die Ressourcen unseres Planeten nicht geplündert, sondern auf faire und respektvolle Weise geteilt werden“.
(rv – sst)
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