Ordensschwestern in Syrien: „Was fehlt, ist Hoffnung“
Die aus Como stammende Fagnani ist Oberin eines Trappistenklosters beim Maronitendorf Azeir im syrischen Grenzgebiet zum Libanon und seit 15 Jahren im Land. Sie hat alle Phasen des Krieges in Syrien miterlebt und das vielgestaltige Leid der Bevölkerung aus nächster Nähe gesehen. In diesen schweren Jahren hat sie die „Resilienz und Lebenskraft“ der Menschen bewundert, so die Ordensschwester. In den letzten Monaten kommen aber auch ihr Zweifel, ob das durchzuhalten sei, sagt Schwester Fagnani.
„Ich weiß nicht, wie lange die Menschen diese Widerstandskraft noch aufrechterhalten können... Denn heute ist es fast härter als in den Jahren des bewaffneten Konfliktes. In jenen Kriegsjahren war es fast leichter, Leben und Tod zu konfrontieren, denn es gab zumindest die Hoffnung, dass all das eines Tages enden würde. In den letzten beiden Jahren hat dagegen vor allem junge Leute ihre Hoffnung verloren. Denn auch wenn der Krieg größtenteils vorbei ist oder sich die Kampfhandlungen heute auf einzelne Gebiete beschränken, sehen die Menschen keine reale Möglichkeit, Arbeit und ein sicheres und würdiges Leben zu erlangen.“
Im Zentrum geopolitischer Interessen
Zehn Jahre nach Kriegsbeginn fehlten in Syrien heute grundlegende Institutionen und Infrastrukturen. Dass das Land heute immer noch auf keinen grünen Zweig kommt, wo die Kämpfe auf syrischem Territorium größtenteils eingedämmt sind, weist für Schwester Marta einmal mehr darauf hin, dass Syrien im Zentrum geopolitischer Machtinteressen steht. Die internationale Gemengelage sei „viel komplexer“ als das, was sich im Land selbst als Gewalt äußere, kommentiert sie die Evolution des Syrienkrieges:
„Der einfache lokale Konflikt wurde unterstützt und animiert, gewollt und geschaffen von außerhalb Syriens. Man hat sich dabei lokaler Akteure bedient, die unzufrieden waren, und hat diese manipuliert...“
Sanktionen geben den Menschen den Rest
Lange Jahre der Unsicherheit und des Mangels haben im syrischen Volk Spuren hinterlassen und viele Menschen in die Flucht geschlagen. Die internationalen Sanktionen aber geben dem syrischen Volk den Rest, so die Ordensschwester. Sie treffen nicht das Regime, dessen Unterstützer oder die Finanziers der Kriegswirtschaft, sondern die einfachen Leute, wie die Ordensschwestern tagtäglich in ihrem Umfeld sehen.
„Diese Sanktionen wiegen heute am schwersten. Sie treffen nicht wirklich die Machthabenden, sondern das Volk, dem es an Medizin mangelt, an Roh- und Werkstoffen, an der Möglichkeit, Handel zu treiben. Selbst kleine Aktivitäten, die möglich wären, sind unterbunden. Auch die Vorgänge im Libanon, mit der Explosion des Hafens und der Bankenkrise dort, lasten enorm auf Syrien. Viele Menschen leiden heute wirklich Hunger.“
Beten.. und Arbeit schaffen
Eigentlich waren Schwester Marta und ihre Mitschwestern vor 15 Jahren nach Syrien gekommen, um in dem Land eine christliche „Präsenz des Gebetes“ zu leben. Inspiriert hat sie dazu das tragische Martyrium der Mönche von Tibhirine, die 1996 in Algerien entführt und getötet worden waren und deren gewaltsamen Tod die Schwestern mit einem Wirken in Syrien „heilen“ wollten. Mit dem Syrienkrieg wurde aus dieser „Nähe des Gebets“ aber schnell auch eine „konkrete Hilfestellung“ für die Lokalbevölkerung, erzählt die Ordensschwester.
„Dank Spenden aus Italien und Europa konnten wir zum Beispiel die Ausbildung junger Leute in Syrien fördern, wir kauften Medizin für Kranke oder haben Menschen dabei geholfen, Kriegsschäden an ihren Häusern zu reparieren. Das sind keine organisierten Hilfen, denn unser Charisma hat einen anderen Akzent, doch die Not ist so groß, dass wir darauf reagierten und halfen, wo wir eben konnten.“
Die Gemeinschaft hat mit ihrem Kloster bei Azeir, auf halber Strecke zwischen Homs und Tartus, auch ein kleines Zentrum der Arbeit geschaffen – „denn Arbeit ist für die Menschen am würdigsten“, wie Schwester Marta formuliert. So habe man zum Beispiel eine Frauen-Kooperation ins Leben gerufen, die kleine handwerkliche Produkte herstelle, die im Ausland verkuft würden, um zum Lebensunterhalt lokaler Familien beizutragen.
(vatican news – pr)
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