Bischof von Blois: „Kein Recht auf Blasphemie!“
Nach Batuts Beobachtung verschärften sich die Spannungen in jüngster Zeit „vor allem dadurch, dass Charlie Hebdo sich dazu veranlasst fühlt, sich bei seinen Provokationen noch selbst zu überbieten“. Die Zeitschrift hat unlängst die alten Karikaturen des islamischen Propheten neu abgedruckt.
„Wir trauern wieder einmal nach einem abscheulichen Anschlag, der in einer Kirche stattgefunden hat. Und wir alle fragen uns mit einer gewissen Angst, wann das Ganze aufhören wird und was es braucht, um diese schrecklichen Taten endgültig zu beenden. Doch blicken wir zurück: Was die Spannungen in den letzten Tagen verschärft hat, ist nicht der Angriff auf Samuel Paty oder gar die Hassreden des türkischen Präsidenten (Recep Tayyip Erdogan, Anm. d. Red.), sondern die provozierende Ausgabe von Charlie Hebdo, zu der das Blatt von unseren politischen Führern und vor allem von der Regierung sogar noch ermutigt wurde.“
Er wolle selbstverständlich nicht die schrecklichen Taten der Attentäter rechtfertigen, so der Bischof von Blois.
„Ich weiß, dass man mir damit vorwerfen wird, den Islamisten in die Hände zu spielen und meine Glaubensüberzeugungen vor ihnen zu verbergen. Ich weise diese Vorwürfe aber kategorisch zurück, und ich werde nun versuchen zu erklären, warum. In unserer Gesellschaft mangelt es zunehmend an Nuancen und komplexer Argumentation. Das Problem an einer solchen Einstellung besteht darin, dass im Säkularismus das Recht zu glauben mit dem Recht, nicht zu glauben, kollidiert; und zweitens ist es ein Fehler, zu glauben, dass die Meinungsfreiheit das Recht auf Blasphemie beinhalte. Denn wie können das Recht zu glauben und das Recht, nicht zu glauben, fruchtbar nebeneinander existieren? Vielleicht durch Dialog, wenn möglich - aber sicher nicht durch Blasphemie und Beleidigung!“
Es geht um konkrete Menschen
Ob es uns gefalle oder nicht, das vermeintliche Recht auf Blasphemie berücksichtige „die konkreten Menschen“ nicht. Vor allem jene nicht, „die mit einer Religion oder einer Art, sie zu leben, verbunden sind“, erläutert der Bischof. Blasphemie sei „zwangsläufig kontraproduktiv“. Schließlich überzeuge sie nur diejenigen, die längst davon überzeugt seien, dass man nicht glauben solle.
„Selbst wenn manche Menschen eine naive oder irrationale Art und Weise haben, an etwas zu glauben, rechtfertigt das keineswegs, dass man sie angreift. In Wirklichkeit können das Recht, zu glauben oder nicht zu glauben, und das Recht, diejenigen zu kritisieren, die glauben, nur in Bezug auf eine Pflicht bestehen: die Pflicht nämlich, andere zu respektieren. Und sagen Sie mir nicht, dass ich für Selbstzensur eintrete! Seit wann sind Taktgefühl und die Sorge, Menschen nicht zu verletzen, zur Selbstzensur geworden? Und wenn Sie nicht überzeugt sind, ermutige ich Sie, den Apostel Paulus zu lesen: ,Wenn ihr euch auf diese Weise gegen eure Brüder versündigt und ihr schwaches Gewissen verletzt, versündigt ihr euch gegen Christus.' (1. Kor. 8:12) Deutlicher kann man kaum sein!“
Die zwei Anschläge
Frankreich wird seit einigen Wochen wiederholt von grausamen Anschlägen heimgesucht. Im Land wurde die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen. Erst Mitte des Monats hat die brutale Ermordung von Samuel Paty im ganzen Land Entsetzen ausgelöst. Das Motiv des 18-jährigen Angreifers war den Ermittlern zufolge, dass Paty in einer Unterrichtsstunde zum Thema Meinungsfreiheit die Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte.
Ein weiterer Anschlag ereignete sich am Donnerstagmorgen in der Kirche Notre-Dame im Zentrum von Nizza. Der mutmaßliche Attentäter schnitt einer 70-jährigen Frau die Kehle durch und tötete außerdem den Küster sowie eine weitere Kirchgängerin.
(rcf – mg)
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