Äthiopien: Die große Ungewissheit
Die letzte Nachricht sei ein Brief Medhins vom 23. November an Mitarbeiter, in dem er die schwierige humanitäre Lage in der Region schildere. Die umstrittene Region Tigray sei weiterhin praktisch von der Außenwelt abgeschnitten, berichten Hilfswerke. Ende vergangener Woche konnte erstmals seit Beginn der militärischen Auseinandersetzungen ein Konvoi internationale Hilfsgüter in die Regionalhauptstadt Mekele liefern.
Im kirchlichen Verwaltungsbezirk in Tigray leben nach Vatikanangaben 25.900 Katholiken, die von 95 Priestern seelsorglich betreut werden. Die Gläubigen gehören der mit Rom verbundenen äthiopisch-katholischen Kirche an. Sitz der Eparchie ist Adigrat nahe der Grenze zu Eritrea.
Bischof Medhin hatte bei einem Deutschlandbesuch im April 2019 den raschen gesellschaftlichen Wandel in der Grenzregion als Herausforderung für die Zentralregierung in Addis Abeba bezeichnet. Die Führung von Ministerpräsident Abiy Ahmed dürfe nicht das Vertrauen der Menschen verlieren, warnte der Bischof.
Mögliche Spannungen zwischen Äthiopien und Eritrea
Der neue Konflikt, der in der äthiopischen Region Tigray ausgebrochen ist, könnte auch ein Grund für weitere Auseinandersetzungen zwischen Äthiopien und Eritrea werden. Schon jetzt gibt es Berichte über eine Präsenz eritreischer Kämpfer in Tigray. Äthiopien und Eritrea haben erst unlängst Frieden geschlossen und damit einen jahrzehntelangen Konflikt beendet. Zur Lösung des neuen Konflikts hat auch Papst Franziskus mehrmals öffentlich aufgerufen.
Wie es weitergehen könnte
Pater Giulio Albanese, Combonianer-Missionar und langjähriger Journalist in Afrika, spricht in diesem Interview mit Radio Vatikan über die Rolle Eritreas in dem Konflikt:
„Wir dürfen nicht die Rolle Eritreas unterschätzen. Es gab zwar vor kurzem verheißungsvolle Gespräche. Aber da wurden vor allem auf dem Papier schöne Worte verfasst. Jetzt müssen wir genau hinsehen, ob Asmara und Addis Abeba dem auch konkrete Taten folgen lassen. Sicherlich ist es so, dass die einzige Lösung für diesen Konflikt der diplomatische Weg ist.“
Tigray sei im Moment unbedingt auf Lebensmittelhilfe aus dem Ausland angewiesen, so Albanese.
„Ja, das ist eine wesentliche Bedingung, aber diese Hilfe ist sicher nicht die Lösung, um zu beenden, was in Tigray geschieht. Einmal mehr ist es die Bevölkerung, die den höchsten Preis zahlt. Der Konflikt betrifft die schwächsten Menschen, die Zivilisten, und die Nachrichten, die uns erreichen, sind nur ein kleiner Teil dessen, was vor Ort tatsächlich geschieht. Auch die internationale Medienberichterstattung wird durch die Pandemie nicht erleichtert.“
Der Konflikt in Tigray - so schließt der Afrika-Experte - könne für die gesamte Region sehr gefährlich werden. Deshalb ruft er alle auf, nicht nur für jene Menschen zu beten, sondern auch regelmäßig über die Entwicklungen zu berichten.
(kna/fides/vatican news - mg)
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