Äthiopien: Kirchen-Appelle zu Heuschrecken, Covid und Krieg
Zu dieser durch die Corona-Pandemie noch verschärften Situation seien ab 4. November die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Bundestruppen und den Einheiten der Regionalregierung von Tigray, der Tigray People's Liberation Front (TPLF), gekommen.
Dieser Konflikt sei ein weiterer harter Schlag für alle. Von einem Symbol-Land der „afrikanischen Wiedergeburt“, Sitz der Afrikanischen Union und Modellstaat des Übergangs zur Demokratie, habe sich Äthiopien in eine Region von Instabilität und Unsicherheit verwandelt, bedauerte P. Theshome Fikre.
Ob mit der Einnahme der regionalen Hauptstadt Mekele durch Regierungssoldaten die Kriegshandlungen zu Ende sind, ist unklar. Die Kämpfe haben Hunderten von Menschen das Leben gekostet und mehr als 40.000 Menschen zur Flucht bewegt.
Offiziell sei der Konflikt für beendet erklärt worden, stellte der Generalsekretär der Bischofskonferenz fest. Die Bundestruppen hätten die wichtigsten Orte erobert. Jetzt seien Polizeieinheiten dabei, die Spannung unter Kontrolle zu halten. Polizisten würden auf der Suche nach militanten Anhängern der TPLF von Haus zu Haus gehen.
Wörtlich sagte P. Theshome Fikre in diesem Zusammenhang: „Wir können auch nicht sagen, was genau in der Region geschieht, weil alle Kontakte unterbrochen sind. Die Telefonleitungen, das Internet, alles ist blockiert, wir können nicht mit dem Bischof von Adigrat, mit seinen Priestern oder anderen Exponenten der katholischen Kirche in der Region sprechen. Wir beten darum, dass die Kämpfe wirklich beendet sind und hoffen, dass wieder Ruhe einkehrt. Die Leute verdienen es, in Ruhe leben zu können“.
Kardinal leitet Versöhnungskommission
Die Katholiken sind in Tigray wie überall in Äthiopien eine kleine Minderheit. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Berhaneyesus Souraphiel, leitet aber die von Ministerpräsident Abiy Ahmed ins Leben gerufene nationale Versöhnungskommission. „In dieser delikaten Phase geht es den katholischen Führungspersönlichkeiten darum, einen Beitrag für die Rückkehr an den Verhandlungstisch zu leisten“, so P. Theshome Fikre.
Die Vorgänge in Äthiopien werden sowohl vom Vatikan als auch vom Weltkirchenrat aufmerksam und mit großer Sorge beobachtet. Die „All Africa Conference of Churches“ (AACC) hat zum Gebet um Frieden in Äthiopien aufgerufen und die Solidarität mit den Millionen von betroffenen Menschen in Äthiopien zum Ausdruck gebracht.
Der Konflikt hängt damit zusammen, dass der äthiopische Föderalismus den Bundesstaaten, wenn sie die ethnische Zusammensetzung der jeweiligen Region widerspiegeln, das Recht auf eine eigene Sicherheitstruppe einräumt, sowie auf ein Regionalparlament und die Möglichkeit eines Referendums über die Selbstregierung. Pfarrer Fidon Mwombeki betonte, er sei sehr traurig, dass Äthiopien, das bisher als „Afrikas Leuchtturm des Friedens, der Hoffnung und der Wiedergeburt“ gegolten habe, in einem Konflikt versinke.
Der Exekutivausschuss des Weltkirchenrats veröffentlichte einen dringenden Friedensappell für Äthiopien. Dem Konflikt in Tigray sei eine Zeit wachsender Spannungen vorausgegangen, die auch zur Gewalt gegen bestimmte ethnische und/oder religiöse Gruppen im Land geführt habe. Der Weltkirchenrat verurteile insbesondere die zahlreichen brutalen Attacken gegen Kirchen und Gemeinschaften der äthiopisch-orthodoxen Kirche, aber auch alle anderen Angriffe auf Gotteshäuser und Zivilisten durch bewaffnete Banden.
Engpässe bei Versorgung mit Nahrung und Medizin
Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) berichtete am Wochenende, dass ein großes Krankenhaus in Nordäthiopien, das Ayder Referral Hospital, einen starken Zustrom von Verletzten meldet, der das Krankenhaus gezwungen habe, „mehrere andere medizinische Dienste einzustellen, damit das nur begrenzt zur Verfügung stehende Personal und alle Ressourcen für die medizinische Notfallversorgung bereitgestellt werden konnten". In den Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen in der Region Tigray bestünden „gefährliche Engpässe" bei der Versorgung der Verwundeten.
Wien: Gemeinsames Gebet um Frieden in Äthiopien und Eritrea
In Wien findet am Dienstag, 8. Dezember, in der Canisiuskirche (1090 Wien, Lustkandlgasse 36) um 18 Uhr ein ökumenisches Friedensgebet statt. An dem Gottesdienst wirken der Wiener Weihbischof Franz Scharl, der Wiener armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan, der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, Domdekan Prof. Rudolf Prokschi, sowie zwei in Wien tätige äthiopisch-orthodoxe Priester (Abba Zet Haimanot Deresu und Abba Birhanu Debebe) und ein eritreisch-katholischer Priester (Abba Yonas Yohanes Hagos) mit.
Der Gottesdienst wird auf Deutsch, Amharisch und Tigrinya abgehalten. Die Predigt hält Domdekan Prokschi. Veranstalterin des Friedensgebetes sind die Stiftung „Pro Oriente“, die Nationaldirektion für die katholische anderssprachige Seelsorge in Österreich und die Arbeitsgemeinschaft der afro-asiatischen und lateinamerikanischen Gemeinden in der Erzdiözese Wien.
(kap - mg)
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