Kroatien nach dem Erdbeben: Der Schock sitzt tief
Claudia Kaminski - Köln
Ivana Milicic lebt in Sisak, unweit vom Epizentrum des Erdbebens der Stärke 6,4. Radio Vatikan sprach mit der jungen Frau, der man den Schock noch deutlich anmerkt:
„Als das Erdbeben war, war ich alleine in meiner Wohnung. Das Erdbeben fing so an, dass man die Schränke klappern hörte und dann wurde es immer noch stärker und stärker. Die ganze Wohnung wackelte von links nach rechts.“
Geschirr, Töpfe und Gläser sind aus den Schränken herausgefallen. „Ehrlich gesagt ist es wirklich schlimm gewesen. Ich hatte nur das Glück, dass meine Tochter, die 2 Jahre und vier Monate alt ist, in der Zeit mit meinen Schwestern draußen war.“
Diese hätten das Erdbeben zwar auch bemerkt, aber nicht so stark wie sie selbst im Haus. Ihr Haus ist rund 10 km vom Epizentrum entfernt, das bei Petrinja liegt. Dort waren zahlreiche Häuser zerstört worden. „Die Leute sind ohne Krankenhaus, alles ist zerstört, es ist wirklich als ob Granaten eingeschlagen wären, es ist als wäre es Krieg. Dächer sind von Häusern herabgestürzt.“
In Sisak sei besonders das Zentrum betroffen und auch dort ist das Krankenhaus beschädigt, so Ivana. Auch der Kirchturm der Kathedrale sei stark in Mitleidenschaft gezogen, berichtet die junge Mutter. Überall ist Schutt auf den Straßen, sodass sie nicht mehr befahrbar seien. Alle Nachbarn hätten gerade eben ihre Jacken übergeworfen und seien wie sie aus dem Haus gelaufen - alle unter Schock.
„Ältere Leute sind auf der Treppe stehen geblieben, sie haben es nicht nach unten geschafft so schnell… es ist wirklich ein Schock.“ Sie selbst habe immer noch das Gefühl, sie sehe das alles im Fernsehen, wie in einem Film und nicht, als habe sie das alles selbst mitbekommen.
„Man merkt jetzt aber auch das Menschliche, wie jeder sich zusammenreißt, wie man den anderen helfen möchte. Und jeder auch Hilfe anbietet. In diesen wenigen Minuten merkt man, wie die Menschen miteinander fühlen, und dass sie auch helfen wollen.“
Doch die Tatsache, dass nach dem Erdbeben ständig kleinere Nachbeben nachkommen, mache alles noch schlimmer: „Weil ich zum Beispiel, wenn ich nur einen kleinen Kracher höre, denke, dass es jetzt wieder anfängt.“ Dadurch sei man ständig gestresst und weiter geschockt, so Milicic.
„In den Minuten, wo ich in der Wohnung stand und alles hinfiel, aus den Schränken, in der Küche, und alles Mögliche - man spürt nicht direkt die Angst. Man betet nur, dass es so schnell wie möglich vorbei geht. Und man denkt sich: Jetzt ist es gleich zu Ende, aber irgendwie dauern diese Sekunden so lange, als wäre es eine Stunde. Die Angst kommt erst später, wenn man aus dem Haus rennt und wenn man später sieht, was da alles umgefallen ist. Was alles hätte passieren können.“
Der ganze Tag habe sie sehr verwirrt und durcheinander gebracht, so Ivana Milicic. Mit einem kleinen Kind sei das besonders schrecklich. In ihre eigene Wohnung konnte sie noch nicht zurückkehren, weil diese möglicherweise nicht sicher ist. Sie ist mit ihrer kleinen Familie bei ihren Schwiegereltern untergekommen. Heute, am Tag nach dem Beben, wolle man sehen, ob die eigene Wohnung sicher und bewohnbar sei.
Wie es ihr momentan geht, fragen wir noch: „Ich weiß nicht, was ich zur Zeit fühle, Angst oder Glück, dass ich wenigstens ein Bett zum Schlafen habe, viele haben es heute Nacht nicht! Gott wird schon auf uns aufpassen...“
(vatican news)
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