Syrien: „Katastrophales Ende abwenden“
„Unsere Welt braucht dringend das Gebet, weil es der einzige Rettungsanker ist, um ein katastrophales Ende zu verhindern, das alles zerstört, was schön ist“, schreibt die Leiterin der Klostergemeinschaft, Schwester Houda Fadoul, in ihrem Weihnachtsbrief.
Ihr Kloster ist eng mit dem italienischen Jesuiten Pater Paolo Dall'Oglio verbunden, der es einst revitalisiert hat und seit Juli 2013, als er die Freilassung der beiden Aleppiner Metropoliten Mor Gregorios Youhanna Ibrahim und Boulos Yazigi in der damaligen IS-Hochburg er-Rakka zu verhandeln versuchte, als vermisst gilt.
Benzin zu Phantasiepreisen
In Syrien verschlechtere sich die wirtschaftliche Situation ständig, wird in dem Schreiben geschildert. Im Vorjahr habe 1 US-Dollar 540 syrischen Pfund entsprochen, jetzt seien es fast 3.000. Der Arbeitsmarkt sei für alle prekär, eine Beschäftigung reiche nicht aus, um eine Familie halbwegs über die Runden zu bringen. Es fehle auch an Benzin, Diesel und Erdgas, um die Wohnungen zu beheizen und die Fabriken und Gewerbetriebe (angefangen von den Bäckereien) in Betrieb zu setzen. Um Brot zu kaufen, müsse man sich einen halben Tag anstellen, um Benzin zu tanken, seien unter Umständen zwei Nächte im Auto auf der Straße zur Tankstelle notwendig.
Besonders schlimm stehe es um die medizinische Versorgung. Manche Bauern müssten ihren Grund verkaufen, um die Behandlung eines krebskranken Elternteils oder Kindes finanzieren zu können. Zugleich gebe es wohlhabende Leute, die sich nicht anstellen müssen, die es sich leisten könnten, Benzin um Phantasiepreise zu kaufen und sich im Krankheitsfall in Luxuskliniken behandeln zu lassen.
Verwüstetes Kloster
In dem Brief wird die Rückkehr von Pater Jacques Mourad, der 2015 von Dschihadisten entführt worden war, in sein Heimatkloster Mar Elian beschrieben. Im Juni dieses Jahres sei Mourad zum ersten Mal seit seiner Freilassung in Begleitung einer Nonne und eines Mönchs in sein Heimatkloster zurückgekehrt. Es sei ein enormer Schock gewesen: Alle im Verlauf von 20 Jahren gepflanzten Ölbäume und Obstbäume seien ausgerissen oder umgehauen worden. Diese Bäume hätten einst eine Oase um das Kloster gebildet, wohin die christlichen und muslimischen Einwohner des Städtchens Qaryatayn kamen, um dort mit ihren Kinder zu spielen.
Aber nach dem Sieg über die Dschihadisten seien nur wenige Christen nach Qaryatayn zurückgekehrt, „nur rund 15 Leute, die meisten Alleinstehende“. Von Zeit zu Zeit gebe es in den einzelnen Wohnhäusern aber Messfeiern im syrisch-antiochenischen Ritus. Im September habe die Liturgie in den Ruinen der niedergebrannten Hauptkirche des Klosters stattgefunden.
Folge von Verantwortungslosigkeit
Die befürchtete Gefahr eines „katastrophalen Endes“ bezog Schwester Houda jedoch auch auf größere Entwicklungen wie die Ausbeutung der Natur und die schlechten menschlichen Beziehungen. Auch die Corona-Pandemie, die schon so viele Opfer gefordert habe, sei eine der Konsequenzen der „unverantwortlichen Haltung gegenüber der Welt und der Natur“. Die gefährlichste Epidemie sei aber jene, die Geist und Seele betreffe und in den Familien, Gemeinschaften und Kirchen, in der ganzen Welt, die Beziehung zu Gott und zum Nächsten beeinträchtige. Diese Krankheit verbreite sich auf Grund der Arroganz, der Selbstzufriedenheit und des Egozentrismus.
Für jene, „die der Gnade begegnet sind“, gebe es nur ein wirksames Heilmittel: „Die Rückkehr zur wahren Gottes- und Nächstenliebe, die imstande ist, die Wunden der Menschen zu heilen und ihnen die ursprüngliche Würde wiederzugeben“, betonte die Ordensfrau. Im Kloster Der Mar Musa versuche man, auf den von P. Dall'Oglio vorgezeichneten „Weg der Freundschaft mit den Muslimen“ weiterzugehen.
(kap – sk)
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