Syrische Binnenflüchtlinge am 21. Januar in einem Lager nördlich von Aleppo Syrische Binnenflüchtlinge am 21. Januar in einem Lager nördlich von Aleppo 

Syrien: Kirchenvertreter bitten Biden um Ende der Sanktionen

Führende Kirchenvertreter aus dem Nahen Osten und darüber hinaus haben sich in einem Schreiben an US-Präsident Joe Biden gewandt. Darin appellieren sie an ihn, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben.

Die Patriarchen und Bischöfe zeigen sich in dem Brief überzeugt, dass die USA ihre legitimen nationalen Interessen auch verfolgen könnten, ohne die syrische Bevölkerung durch die Wirtschaftssanktionen kollektiv zu bestrafen.

Unterzeichnet ist das Schreiben unter anderen vom melkitischen Patriarchen Joseph Absi, dem syrisch-orthodoxen Patriarchen Ignatius Aphrem II., dem syrisch-katholischen Patriarchen Ignatius Youssef III. und den beiden in der syrischen Metropole Aleppo residierenden Bischöfen Antoine Audo (chaldäische Kirche) und Jean-Clement Jeanbart (melkitische Kirche). Aber auch einige Bischöfe aus Europa, darunter Bischof Andras Veres, Vorsitzender der Ungarischen Bischofskonferenz, oder der ehemalige Primas der anglikanischen Kirche, George Carey, stehen hinter dem Aufruf.

Kollektive Bestrafung führt Syrien in humanitäre Katastrophe

Die Patriarchen und Bischöfe verweisen auf den jüngsten Appell der UNO-Berichterstatterin Alena Douhan, wonach die Sanktionen die Menschenrechte der syrischen Bevölkerung verletzen und die ohnehin schon kritische humanitäre Situation vor Ort noch verschärften. Die kollektive Bestrafung führe das Land in eine humanitäre Katastrophe. Notwendige Hilfe, aber auch Investitionen, die für die Wirtschaft und das syrische Gesundheitssystem dringend notwendig wären, würden durch die Sanktionen unmöglich gemacht, so die Kirchenvertreter.

Noch vor zehn Jahren sei Syrien die Kornkammer der Region gewesen, nun drohe eine Hungersnot. Die Hälfte der syrischen Bevölkerung gehe hungrig zu Bett, und die Zukunftsaussichten seien noch schlimmer. Zudem könnte die Krise und Katastrophe in Syrien eine neue „Welle der Instabilität im Nahen Osten“ auslösen.

„So schlimm war es noch nicht mal während der Bombardements“

Neben Kirchenvertretern ist das Schreiben an den US-Präsidenten auch von führenden Repräsentanten von NGOs wie „SOS Chrétiens d'Orient“, Diplomaten oder Politikern wie dem britischen Oberhausmitglied Lord David Alton unterzeichnet. Ähnliche Schreiben gingen dieser Tage auch an den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel oder den britischen Premier Boris Johnson im Blick auf die europäischen Sanktionen gegen Syrien.

Unterzeichnet ist das Schreiben auch von Nabil Antaki von der Ordensgemeinschaft der Blauen Maristen, die unter anderem in Aleppo tätig ist. In einer Nachricht an das österreichische Hilfswerk „Initiative Christlicher Orient“ teilte Antaki dieser Tage mit, wie verzweifelt die Situation der Bevölkerung in Aleppo aufgrund der Wirtschaftskrise und der Covid-Pandemie sei. Die Sanktionen raubten den Menschen die letzte Hoffnung. So schlimm wie aktuell sei es nicht einmal während des Krieges gewesen, „als in Aleppo die Bomben vom Himmel fielen“, so Antaki.

(kap – sk)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

25. Januar 2021, 13:30