Eine Kerze in der Marienkirche in Bratislava entzünden und beten, wie hier an Ostern 2019, ist derzeit wegen der Corona-Pandemie nicht erlaubt Eine Kerze in der Marienkirche in Bratislava entzünden und beten, wie hier an Ostern 2019, ist derzeit wegen der Corona-Pandemie nicht erlaubt 

Slowakei: Politische Debatte um Gottesdienstverbot

Nach dem Offenen Brief der Slowakischen Bischofskonferenz fordern jetzt auch Stimmen aus der Regierungskoalition in Bratislava die Aufhebung des seit Wochen geltenden Totalverbots öffentlicher Gottesdienste und die Öffnung der Kirchen.

Der sogenannte „Covid-Automat" - das mehrstufige Ampelsystem zur den Corona-Schutzregelungen - sieht erst nach Überwindung der aktuell „schwarzen Phase" die Erlaubnis von Gottesdiensten mit einer 15-Quadratmeter-Regel pro Gottesdienstteilnehmer und unter Nachweis eines negativen Tests vor. Die Vorschläge haben jedoch wenig Chancen auf Realisierung. Ministerpräsident Igor Matovic erklärte zu Wochenbeginn, er sei selbst Katholik, eine Öffnung der Kirchen wäre jedoch angesichts der hohen Infektionszahlen „derzeit verantwortungslos". Auch von einer für diesen Dienstag anberaumten Beratung mit Fachleuten erwarte er „keine andere Ansicht".

Wenigstens Krankensalbung


Vorgeprescht war vor allem Anna Zaborska, die Chefin der „Krestanska Unia" innerhalb der Sammelpartei OLaNO von Premier Matovic. Sie sprach von „Entwürfen, wie spätestens zu Ostern die Kirchen geöffnet werden könnten". Auch Arbeitsminister Milan Krajniak von der zweitgrößten Koalitionspartei „Wir sind Familie" machte sich dafür stark, den Menschen wie im ersten Lockdown „zumindest den individuellen Zugang zu Beichte, Krankensalbung und Kommunion zu ermöglichen".

Die Lockerungsvorstöße stoßen jedoch schon innerhalb der Regierungskoalition auf Widerstand. So ließ die drittgrößte Regierungspartei, die liberale SaS verlauten, die Kirchen würden „überwiegend von älteren Leuten besucht, der am stärksten bedrohten Bevölkerungsgruppe". Die kleinste Regierungspartei, die gemäßigt liberale „Für die Menschen", forderte die Gläubigen auf „noch durchzuhalten"; eine Besserung der Situation sei erst durch die Impfungen zu erwarten.

Die Linkspartei will kein Entgegenkommen

Scharf gegen ein Entgegenkommen wandte sich die neue Linkspartei „Hlas" (Die Stimme), aus deren Reihen sich die frühere Kulturministerin Lubica Lassakova zu Wort meldete. Die Regierung stelle Ideologie über wissenschaftlichen Fakten und habe daher den Kampf mit der Pandemie nicht im Griff, meinte sie.

Bedenken äußern auch zwei Parteien, die bei den Wahlen im Vorjahr den Einzug ins Parlament verpasst hatten. Die Vorsitzende der Partei „Progresivne Slovensko", Irena Bihariova, bezeichnete es angesichts der weltweit höchsten Quote von Ansteckungen und Todesfällen als gefährlich, „in Kirchen massenhaft um das Ende der Pandemie beten zu lassen".

Hinweis auf Nachbarländer wie Österreich

Die derzeit nicht im Parlament vertretene „Christdemokratische Bewegung" erläuterte in ihrer Reaktion auf den Vorstoß ihres früheren Parteimitglieds Zaborska, die Slowakei sei „das einzige Land in Mitteleuropa, das langfristig geschlossene Kirchen hat". Man verlange daher von der Regierung eine „rationale Lösung für öffentliche Gottesdienste unter Einhaltung der Richtlinien, wie dies in den Nachbarländern Österreich, Polen und Tschechien gelungen sei, so KDH-Obmann Milan Majersky.

Auch Martin Kramara, der Sprecher der Slowakischen Bischofskonferenz, bekräftigte deren Wunsch nach Berücksichtigung der Gläubigen. Es würde der Kirche helfen, „wenn die Polizei nicht Kirchen zusperrt, in denen keine Gottesdienste stattfinden, und die Leute zumindest einzeln auf ein paar Augenblicke zum privaten Gebet eintreten und eventuell die Beichte und Kommunion vereinbaren können".

(kap – sst)

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23. Februar 2021, 15:53