Frankreich: Orden wollen Missbrauchsopfer entschädigen
„Entschädigungen bedeuten, dass eine Institution oder auch ein Staat eine Struktur aufbaut, um zu versuchen, etwas zu reparieren, das repariert werden muss.“ Das sagt die Ordensfrau Véronique Margron, die den Ordensverband leitet, in einem Interview mit dem katholischen Radio RCF.
„Das geht damit los, dass man sich ehrlich macht und das Ausmaß der angerichteten Untaten anerkennt – und das Maß der Verantwortung, das nicht nur der einzelne Täter hat, sondern auch das Kollektiv. Außerdem muss ermittelt werden, inwieweit man Entschädigung an die Opfer leisten kann.“
Manche Orden, die etwas knapp bei Kasse sind, fürchten, dass sie da in finanzielle Bedrängnis geraten könnten. Aber Schwester Véronique Margron betont, dass jeder Orden in dieser Hinsicht zu seiner Verantwortung stehen muss – auch finanziell.
„Es wird da keinen Appell an die Solidarität der Katholiken geben – überhaupt keinen! Es sind die Ordensinstitute, die verantwortlich sind und vor einer unabhängigen Kommission Rechenschaft ablegen müssen. Diese Kommission wird die Anfragen derjenigen, die zum Opfer geworden sind, entgegennehmen.“
Kein gemeinsames Vorgehen von Orden und Bistümern
Die französischen Bischöfe haben sich Ende März ebenfalls, auf ihrer Frühjahrs-Vollversammlung in Lourdes, mit dem Thema Missbrauch beschäftigt. In einem Brief an die Gläubigen versprechen sie unter anderem enge Zusammenarbeit mit Überlebenden von Missbrauch.
Sie wollten „den Überlebenden eine finanzielle Hilfe anbieten, die eine unabhängige Instanz entsprechend der Grenzen unserer Möglichkeiten festlegen soll, je nach den von den Einzelnen geäußerten Bedürfnissen“. Warum gehen Orden und Bischofskonferenz in diesem Bereich nicht gemeinsam vor?
„Das ist ein großer Unterschied“, sagt Véronique Margron auf diese Frage; „wir haben überhaupt nicht dieselbe Situation, auch nicht dieselben rechtlichen Regelungen. Darum ist es logisch, dass die Bischofskonferenz und die Ordenskonferenz nicht auf dieselbe Weise vorgehen.“
Dennoch, die guten Vorsätze gleichen sich: Auch die Orden wollen mehr für die Prävention von Missbrauch tun, setzen in diesem Bereich auf bessere Ausbildung. Und sie wollen häufiger Hilfe von außerhalb in Anspruch nehmen.
„Mehr auf Mediation setzen – das ist ein sehr wichtiger Punkt. Denn solche Mediation ist vom kanonischen Recht zwar vorgesehen, es gibt sie, aber das kann auch eine hohle Muschel sein. Man muss sie mit Leben füllen und wirklich öfter auf sie setzen, also wirklich auch zulassen, dass Dritte hinzugezogen werden.“
Über Gehorsam nachdenken, Ausbildung verbessern
Viele Ordensinstitute setzten inzwischen schon auf die Hilfe von Profis von außerhalb.
„Dann muss stärker über den Gehorsam nachgedacht werden; dieser Punkt ist in der Vergangenheit für viele Opfer, auch für Ordensleute und Priester, zu einer Falle geworden. Und der dritte Punkt ist die Ausbildung und die ständige Weiterbildung. Wie ist das Verhältnis zum Bruder, zur Schwester – auch in dieser Frage kann eine Begleitung durch Personen von außerhalb angezeigt sein.“
Unabhängige Kommisson veröffentlicht im Herbst ihre Empfehlungen
Bischofskonferenz und Ordensinstitute haben gemeinsam eine unabhängige Kommission (CIASE) beauftragt, den Umgang mit Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich der letzten sieben Jahrzehnte zu durchleuchten. Schon jetzt ist durchgesickert, dass es da um mindestens 10.000 Opfer geht.
Im Herbst legt die Kommission ihren Bericht vor – und ihre Empfehlungen, auch was Entschädigungen betrifft. Kurz danach werden sich sowohl die Bischöfe als auch der Ordensverband (in getrennten Vollversammlungen) damit beschäftigen. Die Beratungen der Orden sind auf November 2021 angesetzt.
(rcf / vatican news – sk)
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