Mexiko: Größte Wahl in der Geschichte des Landes
Mario Galgano und Mireia Bonilla - Vatikanstadt
Die Zeit des Wahlkampfes in Mexiko war von Gewalt geprägt. Seit Beginn der Kampagne im vergangenen September seien mindestens 91 Politiker, darunter 36 Kandidaten, sowie Dutzende ihrer Angehörigen und Mitarbeiter getötet worden, erinnert Bischof Miranda Guardiola im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Dies ist leider nicht das erste Mal. Seit 2009 erleben wir in Mexiko eine Welle der Gewalt, die mit viel Schmerz und viel Traurigkeit verbunden ist. Es war ein Auf und Ab der Gewalt in diesen Jahren...“, so der Generalsekretär der mexikanischen Bischofskonferenz, Alfonso Gerardo Miranda Guardiola. Er weist darauf hin, dass das Ausmaß der Gewalt gegen Politiker im Allgemeinen und gegen Kandidaten im Besonderen in diesem aktuellen Wahlprozess besonders „ernst und gefährlich“ gewesen sei.
Kriminelle Gruppen
Hinter den Anschlägen hätten meist kriminelle Gruppen, aber auch politische Konkurrenten gestanden. Bischof Miranda Guardiola erklärt, dass kriminelle Gruppen anscheinend nicht zulassen wollten, wenn Kandidaten sich ihnen widersetzten oder nicht auf ihrer Seite stünden. Deshalb hätten die Kriminellen Gewalt ausgeübt, die oftmals zum Tod der Politiker geführt habe. Meistens sei es aber zu Einschüchterungen, Entführungen, Drohungen und Angriffen gekommen. Dazu der Generalsekretär der Bischofskonferenz:
„Wir dürfen eines nicht vergesssen: Es sind Menschen und Leben, die verloren gehen, politische Programme, Träume, Wünsche und Pläne für ein besseres Mexiko, die verloren gehen - was leider dem Verbrechen, dem Bösen, dem Egoismus, dem Eigennutz und der Zerstörung zum Sieg verhilft. Wir können es nicht gutheißen, ein Mexiko zu haben, das von diesen kriminellen Gruppen in die Zange genommen wird.“
Unzufriedenheit mit politischer Führung
Der Bischof der mexikanischen Diözese Tarahumara, Juan Manuel González Sandoval, bebachtet, dass die kriminelle Gewalt in jüngster Zeit nicht nur zugenommen hat, sondern dass es auch immer mehr „aggressive“ Meinungsverschiedenheiten in der Bevölkerung gebe. Politische Beobachter werten die Wahlen im Übrigen als Referendum über die Arbeit des Staatspräsidenten Andrés Manuel López Obrador nach knapp der Hälfte seiner sechsjährigen Amtszeit. Die Gewalt im sogenannten Drogenkrieg habe er bislang nicht in den Griff bekommen. Der Bischof sagt im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Ich glaube, dass es uns in den letzten Jahren nicht gelungen ist, eine gerechte politische Führung zu haben, und das hat viele Ungerechtigkeiten und Meinungsverschiedenheiten bei den Menschen erzeugt, weil es immer mehr arme Menschen gibt und die prekären Situationen zunehmen. Die Leute waren nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie die Regierenden regiert haben. Das Resultat sind Arbeitsmangel, Armut und andere soziale Probleme, die das soziale Gefüge zerstört haben.“
Auf Ungerechtigkeiten hinweisen
Die Verbindung zwischen Politik und Kirche in Mexiko sei schon immer „sehr heikel“ gewesen, weshalb der Generalsekretär der mexikanischen Bischofskonferenz klarstellen will, dass die Arbeit der Kirche in dieser Zeit darin bestehe, das mexikanische Volk nicht „politisch belehren“ zu wollen, sondern auf die Ungerechtigkeiten hinzuweisen. Bischof Miranda erläutert auch, dass sich die Bischöfe zwar an diesem Wahlprozess stark beteiligt hätten, es ihnen aber nicht um parteipolitische Kampagnen oder deren Unterstützung ging:
„Unser Anliegen ist es, auf die Notwendigkeit hinzuweisen, dass sich die Bürger zu politischer Beteiligung und Überprüfung der Kandidaten verpflichten. Die Wähler haben es in ihrer Hand, die vorgeschlagenen Pläne und Programme und deren Erfüllung zu überprüfen und zu prägen.“
Der Bischof der Diözese Tarahumara weist darauf hin, dass die Arbeit der Kirche immer prophetisch sein müsse, d. h. „sich nicht von den Mächten des Bösen einschüchtern zu lassen, die sich in vielerlei Hinsicht manifestieren“. Es sei ihm ein Anliegen, dass die Kirche „nicht schweigen“ soll, sondern „umsichtig und weise“ sein müsse in ihren Urteilen und Interventionen und bei der Erklärung der kirchlichen Lehre klar sein solle: „Wir Bischöfe sind auch Bürger, wir haben auch Rechte und wir haben auch eine Verfassung, und da wir die Fakten aufzeigen wollen, können wir nicht schweigen. Es geht also darum, dass wir nach Wegen der Eintracht suchen müssen. Und der Schlüssel besteht darin, in der Gemeinschaft vereint zu sein und als Gesellschaft des Friedens zu leben, wie der Papst uns bittet. Franziskus sagt ganz klar: wir müssen Brücken sein für soziale Freundschaft und für eine Gesellschaft der Geschwisterlichkeit.“
23 Prozent der Bevölkerung gegen Covid geimpft
Mexiko ist eines der am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder. Die größten Wahlen in der Geschichte Mexikos finden inmitten der Pandemie statt. Wie der Generalsekretär der Bischofskonferenz betont, sei Mexiko das zweite Land in Lateinamerika mit den meisten Todesfällen. Bis Ende Mai seien immerhin 23 Prozent der Bevölkerung in Mexiko geimpft: „Dies sind mehr als 20 Millionen Menschen. In Bezug auf die Impfung gibt es einen Ablauf, der sicherlich voranschreitet und einigermaßen gut funktioniert. Es gibt zum Glück schon weniger Druck dank dem Vorhandensein von Impfstoffen. Das Erfreuliche ist, dass so viele Menschen diese Impfung bekommen, dass bereits junge Menschen, die etwa 40 Jahre alt sind, geimpft werden“, erläutert der Generalsekretär der mexikanischen Bischofskonferenz. Er ist auch Weihbischof von Monterrey.
Bischof Sandoval stellt klar, dass die Pandemie in Mexiko alle angeht, die Verantwortung liege nicht nur bei den Behörden und der Regierung: „Ich glaube, dass wir alle gemeinsam verantwortlich sind. Leider hat es viele Tote gegeben und wir haben nach und nach dazugelernt. Außerdem sind die Impfstoffe eine Hilfe, aber nicht die Lösung für alles, denn es gibt auch andere Arten von Pandemien, die nicht ausgerottet sind, und für sie gibt es keinen Impfstoff. Dazu zählen Gewalt, Korruption und Armut im Land. Dies sind keine körperlichen Gesundheitsprobleme, aber ein moralisches und spirituelles Gesundheitsproblem allemal.“
(vatican news)
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