2013 erinnerte Papst Franziskus in Lampedusa an ertrunkene Bootsflüchtlinge 2013 erinnerte Papst Franziskus in Lampedusa an ertrunkene Bootsflüchtlinge 

Italien: Gebet für ertrunkene Bootsflüchtlinge

In den katholischen Kirchen und Gottesdiensten landesweit wird an diesem Sonntag vor allem für Bootsflüchtlinge gebetet, die im Mittelmeer ertrunken sind.

Aufgerufen hat dazu die italienische Bischofskonferenz. In einer Erklärung weist sie darauf hin, dass das Meer üblicherweise mit Ferien und Urlaubsreisen assoziiert werde. Man dürfe aber auch nicht vergessen, dass sich dort täglich die Dramen der Bootsflüchtlinge abspielten.

Mehrere Kirchen, darunter die katholische, begehen den zweiten Sonntag im Juli als „Sonntag des Meeres“. Papst Franziskus nennt das Mittelmeer, in dem jedes Jahr viele Migranten beim Versuch der Überfahrt nach Europa ertrinken, „den größten Friedhof Europas“.

Mittelmeer ist „größter Friedhof Europas“

Die „tödlichste Route der Welt“ ist nach Einschätzung der spanischen NGO „Caminando Fronteras“ der Seeweg von Nordafrika zu den Kanarischen Inseln. Der Verband gibt die Zahl der Migranten, die allein seit Jahresbeginn auf der Überfahrt nach Spanien ertrunken sind, mit 2.087 an. Das bedeutet eine Zunahme von 526 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des letzten Jahres.

„22.300 Menschen sind in den ersten Monaten dieses Jahres an Italiens Küsten an Land gegangen“, sagt Erzbischof Giancarlo Perego von Ferrara, Präsident der kirchlichen Stiftung „Migrantes“. „Das sind Männer und Frauen wie wir, die Sicherheit für ihr Leben suchen. Menschen aus Ländern wie Bangladesch, Sudan, Mali, Tunesien, Marokko. Aber viele schaffen es nicht bis an Land – seit 2017 sind etwa 7.000 Menschen im Mittelmeer ertrunken.“

„Politiker sollten ihr Gewissen prüfen“

Die Welt-Migrations-Organisation spricht von 632 ertrunkenen Migranten im zentralen Mittelmeer seit Jahresbeginn. Das sind, wie die italienische Bischofskonferenz schreibt, „mehr als vier Ertrinkende pro Tag“. Zu dieser Zahl müsse man unter anderen „die vielen Brüder und Schwestern hinzurechnen, die in der Sahara, in Libyen oder auf dem Balkan sterben“.

„Ich glaube, vor allem die Politiker sind jetzt zu einer Gewissenserforschung aufgerufen, ob sie wirklich alles tun, um angesichts des Rechts auf Asyl die Rechte der schwächsten Menschen zu schützen. Ich sehe ein Fehlen von Politik, ein Fehlen von Engagement, wie Europa gemeinsam das Phänomen der Bootsflüchtlinge angehen könnte. Das Mittelmeer ist heute eine Straße für Menschen, die Freiheit suchen, eine Arbeit und die Sicherheit, die in ihren Herkunftsländern fehlt.“

Für eine Wiederauflage  der Operation „Mare Nostrum“

Der Erzbischof fordert eine Wiederauflage der Operation „Mare Nostrum“ aus den Jahren 2013 und 2014. Eine Operation der italienischen Marine und Küstenwache, die sowohl militärisch als auch humanitär angelegt war. Sie sollte einerseits Bootsflüchtlinge aus Seenot retten, andererseits aber Menschenhändlern das Handwerk legen. 2014 übergab „Mare Nostrum“ an die EU-Grenzschutzbehörde „Frontex“.

„Es geht darum, dass das Mittelmeer wieder in unseren Händen ist und nicht in denen der Menschenhändler. Und dass auf diesem Meer die grundlegenden Rechte der Menschen, die Sicherheit suchen, anerkannt werden, darunter das Recht auf Asyl. Schauen wir nicht nur auf die wenigen Migranten, die seit Beginn dieses Jahres angelandet sind – 22.300 Menschen –, sondern schauen wir auf die 60.000 Menschen, die abgewiesen wurden und von denen nicht wenige in Haftanstalten oder Lagern in Libyen landen.“

„Europa kann Arbeitskräfte gut gebrauchen“

Zum Nachhören: Italienische Kirche betet für ertrunkene Bootsflüchtlinge im Mittelmeer

Außer einer neuen „Operation Mare Nostrum“ fordert Perego eine Reform des Asylrechts in den 27 Staaten der Europäischen Union. „Umso mehr, als ja auch die Daten sagen, dass wir in den nächsten Jahren Arbeitskräfte brauchen werden. Europa stirbt, es hat nicht mehr genug Arbeitskräfte; in diesem Kontext kann die Migration auch für unser Land und für das Leben Europas eine große Ressource bedeuten.“

Die katholische Kirche Italiens ist nach Angaben des Erzbischofs von Ferrara weiterhin sehr engagiert in der Arbeit für Migranten und Flüchtlinge. Pfarreien und religiöse Einrichtungen hätten derzeit zwischen 15- und 20.000 Migranten aufgenommen.

Eine Aufgabe für Laien

„Es ist aber natürlich auch wichtig, dass die italienischen Katholiken aus dem Thema Einwanderung ein politisches Thema machen. Das ist eine Aufgabe für die katholischen Laien, nicht nur in Italien, sondern in ganz Europa. Beten hat immer auch eine soziale Dimension, weil es uns an das Grundgebot der Nächstenliebe erinnert.“

(vatican news/faz 9.7. – sk)
 

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11. Juli 2021, 10:45