Haiti: Erst das Beben, jetzt der Sturm
Caritas internationalis hat bereits eine große Spendenkampagne gestartet. Und es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Gerade in der Nacht auf Mittwoch musste die Regierung in Haiti, die den Notstand für einen Monat ausgerufen hatte, auch eine „gelbe Warnung“ für den bevorstehenden Durchzug des Zyklons Grace aussprechen, der zu einem Tropensturm herabgestuft wurde und derzeit über Puerto Rico hinwegzieht. Sein Durchzug über die nördlichen Provinzen Haitis werde laut der letzten US-Meldung an diesem Mittwoch gegen Ende des Tages stattfinden, und es werden Überschwemmungen, Überflutungen und Erdrutsche befürchtet.
Die Bedingungen in Haiti seien bereits prekär, sagt uns Pater Massimo Miraglio. Der Kamillianer aus Cuneo, der seit 17 Jahren in Jeremie lebt, erzählt uns mehr über die Lage vor Ort: Er und seine Mitbrüder seien am Bau eines Krankenhauses beteiligt, das ein wichtiger Bezugspunkt in der vom Erdbeben am stärksten betroffenen Region werden soll.
„Das Erdbeben hat uns überrascht und wir waren nicht darauf vorbereitet. Die Menschen hier sind an Wirbelstürme und Überschwemmungen gewöhnt, deshalb haben sie mit großer Panik reagiert.“
Menschen aus dem Gebierge flüchten in die Stadt
Nach Angaben des Missionars liege das größte Problem im unteren, historischen Teil der Stadt, der eingestürzt sei, aber auch in der gebirgigen Gegend um Jeremie sei die Lage nicht besser.
„Menschen, die dort leben und zu uns herunter gekommen sind, teilten mir mit, dass die ohnehin schon prekären Häuser auf dem Berg eingestürzt sind und mehrere Verletzte und Tote an Orten zurückgelassen haben. Es gibt auch keinen Zugang zu Gesundheitszentren, die, wenn sie denn vorhanden sind, über keinerlei Material verfügen, das eine Rettung ermöglicht. Darüber hinaus löste das Erdbeben Erdrutsche aus, die Häuser zum Einsturz brachten.“
Die Ursache, erklärt der Kamillianerpater, sei die unkontrollierte Abholzung, die seit Jahren auf der Insel stattfinde. Das Bild sei dramatisch: „Die allgemeine Situation ist fragil und das Leben der Menschen ist immer noch prekär wegen der Armut, der Umweltschäden durch die Abholzung im Zusammenhang mit der Suche nach Kohle, die hier eine Einkommensquelle ist, und der Schwierigkeit, sich in dem Gebiet zu bewegen. Die ohnehin schon schwierigen Kommunikationswege sind durch die Lawinen und das Erdbeben weiter beschädigt worden, und viele Gebiete sind völlig isoliert.“
Deshalb startet Pater Massimo Miraglio einen Aufruf: Benötigt werden Medikamente und vor allem Erste-Hilfe-Material, Verbandszeug und Desinfektionsmittel. Haiti gilt als eines der ärmsten Länder der Welt und ist ebenfalls sehr stark von der Pandemie betroffen, die mit etwa 20.000 Ansteckungsfällen ein Chaos in den Krankenhausstrukturen verursacht habe. Diese Katastrophe, so Pater Massimo abschließend, werde den Zustrom von Kranken, die aus der ganzen Provinz hierher kommen, noch unkontrollierbarer machen. „Denken Sie nur daran, dass es in der Region Jeremie nur ein Krankenhaus für 800.000 Menschen gibt!“, so Pater Miraglio abschließend.
(vatican news – mg)
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