Italien/Afghanistan: Das vergessene Volk kannte nur Ablehnung
In diesem Augenblick, so Beccegato, bestehe die einzige Möglichkeit der Evakuierung mit einer Luftbrücke. „Aber niemand spricht über eine Evakuierung über den Landweg“, so der Vizleiter der italienischen Caritas. Alle Nachbarstaaten hätten ihre Grenzen für Afghanen geschlossen, mit Ausnahme einer kleinen Zugangsstelle in Pakistan. In diesen Tagen werde viel über die Schließung der Flugroute durch die Taliban gesprochen, aber niemand spreche über all die Länder, die die flüchtende Bevölkerung an der Einreise hindern würden, wiederholt Beccegato seine Kritik. „Die Nachbarstaaten sollten ihre Grenzen öffnen und die Menschen einreisen lassen, um sie dann im Einklang mit internationalen Vereinbarungen mit Quoten für jeden Staat sicher umzusiedeln“, so sein Vorschlag.
In diesem Sinne, so Beccegato, komme der Plan der italienischen Bischofskonferenz über die humanitären Korridore, die im Allgemeinen von den Nachbarländern aus eingerichtet werden sollen, ins Spiel. „Evakuierungen finden statt, aber sie werden immer begrenzt sein im Verhältnis zu dem Wunsch so vieler Menschen“, erinnert er. Die politische Debatte über Menschen, die aus Afghanistan fliehen, sei nun mit der jüngsten Notsituation verbunden, aber es müsse auch gesagt werden, dass ein Großteil des afghanischen Volkes seit vierzig Jahren im Exil lebe und es Millionen von Vermissten gebe. Von Griechenland bis zur Türkei, über Albanien und bis nach Bosnien seien zu viele Menschen dort gestrandet und würden oft misshandelt. „Diejenigen, die heute fliehen, sind dieselben Menschen, sie sind die Geschwister derer, die bereits gegangen sind“, schließt der stellvertretende Direktor der Caritas. „Sie sind ein vergessenes Volk mit Rechten und Würde, gegen das jedoch nur Mauern errichtet wurden. Das kann uns nicht gleichgültig lassen.“
(sir – mg)
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