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Pakistan: Blasphemievorwürfe nehmen in Coronakrise zu

Die Corona-Krise hat in Pakistan zu mehr Anklagen aufgrund der international umstrittenen Blasphemiegesetze geführt. Das erklärte der Leiter der Katholischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in Pakistan, Emmanuel Yousaf, gegenüber „Kirche in Not“.


„Wir beobachten einen alarmierenden Anstieg, insbesondere durch die zunehmende Nutzung der sozialen Medien. Die religiöse Radikalisierung ist weiter auf dem Vormarsch“, zitiert das weltweite katholische Hilfswerk den pakistanischen Priester.

Die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden verteidigt Christen und andere religiöse Minderheiten, denen angebliche Gotteslästerung oder Beleidigung des Islam vorgeworfen wird, und dokumentiert diese Fälle.

Radikale Muslime machten sich zunutze, dass aufgrund der Covid-19-Pandemie Ermittlungen länger dauerten oder Gerichtsverhandlungen verschoben würden, erklärte Yousaf. Sorgen bereitet ihm auch die Zunahme der Blasphemiebeschuldigungen in den Städten, die sich gegen Studierende, Krankenhauspersonal und andere gebildete Berufsgruppen richten. „Das deutet darauf hin, dass die Mehrheit ihre Mitmenschen noch entschlossener zwingen will, zu konvertieren oder sich ihrer Ideologie anzuschließen“, resümiert der Priester. „Wenn diese sich weigern, werden sie fälschlich der Blasphemie beschuldigt.“

Auch Freispruch schützt nicht vor Verfolgung

Auch ein Freispruch vor Gericht schütze die Betroffenen nicht: „Bei vielen Fällen ist zu beobachten, dass eine fälschlich beschuldigte Person nicht in ihre Wohngegend, noch nicht einmal in ihre Heimatregion zurückkehren kann. Das Leben dieser Menschen ist immer in Gefahr.“

Die Islamische Republik Pakistan hat 1986 mehrere Paragrafen im Strafgesetzbuch eingeführt, die „gotteslästerliche Handlungen“ schwer bestraft. Die Schändung des Korans kann mit lebenslanger Haft bestraft werden, abschätzige Bemerkungen über den Propheten Mohammed sogar mit dem Tod.

Beobachter kritisieren seit langem, dass Anklagen, Prozessführung und Haftbedingungen rechtsstaatlichen Standards widersprechen. Zu diesem Schluss kommt auch eine Resolution des Europäischen Parlaments von Ende April 2021. Die Abgeordneten fordern Pakistan unter anderem dazu auf, die Todesstrafe und die lebenslange Haft aus den Blasphemiegesetzen zu streichen. Andernfalls sollten die Pakistan gewährten Handelspräferenzen auf den Prüfstand gestellt werden.

Vorwürfe treffen Christen unverhältnismäßig oft

„Diese Resolution ist sehr wichtig für die Rechte religiöser Minderheiten in Pakistan, insbesondere für Christen“, bilanziert Yousaf. Fast ein Sechstel (14,5 Prozent) der wegen Blasphemie angeklagten Personen seien Christen, obwohl diese weniger als zwei Prozent der Gesamtbevölkerung Pakistans ausmachen.

Allerdings sieht der Menschenrechtler wenig Chancen, die Gesetze ganz abzuschaffen, dazu sei die pakistanische Gesellschaft zu sehr radikalisiert. Auch seien viele Bürger der Auffassung, „diese Gesetze seien nicht von Menschen gemacht, sondern göttlich“. Nach Verabschiedung der Resolution hatte der Sprecher des pakistanischen Außenministeriums der Europäischen Union mangelndes Verständnis für die religiösen Empfindsamkeiten in der islamischen Welt vorgeworfen.

„Obwohl der Staat sagt, dass er sich an internationales Recht hält, werden - meiner persönlichen Erfahrung nach - den Minderheiten ihre gesetzlich garantierten Rechte vorenthalten“

Das treffe in gewissem Maße zu, erklärte Yousaf: „Die Kommission für Gerechtigkeit und Frieden hat die Regierung immer wieder aufgefordert, den Missbrauch dieser Gesetze zu unterbinden und dazu auch Vorschläge gemacht. Wir fordern nicht die Aufhebung der Gesetze, sondern verfahrenstechnische Änderungen. Obwohl der Staat sagt, dass er sich an internationales Recht hält, werden - meiner persönlichen Erfahrung nach - den Minderheiten ihre gesetzlich garantierten Rechte vorenthalten.“

Yousaf appelliert an die internationale Gemeinschaft, „auf die Regierung einzuwirken und Druck auf sie auszuüben, damit sie den Schutz der religiösen Minderheiten gewährleistet“. Eine wichtige Rolle spiele dabei auch Bildung. „Im Lauf der Jahre haben die öffentlichen Einrichtungen aufgrund einseitig parteiischer Lehrpläne die Ideologie gestärkt, dass es in Pakistan nur Platz für den Islam gibt.“

(Kirche in Not – gs)

 

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25. August 2021, 09:30