Befreite Ordensfrau: „In der Wüste habe ich die Nähe Gottes gespürt“
Mario Galgano und P. Manuel Cubias – Vatikanstadt
Sie verdanke ihre Befreiung dem Engagement verschiedener Regierungen „und dem Gebet der Gläubigen“, so die kolumbianische Ordensfrau im Gespräch mit Radio Vatikan. „Während der vier Jahre und acht Monate meiner Gefangenschaft litt ich am meisten in dem Moment, als ich von den anderen Entführten getrennt wurde und allein vor den Gruppen stand“, sagt Schwester Gloria Narváez. Zur gleichen Zeit wurde die Schweizer evangelische Missionarin Béatrice Stöckli, die zusammen mit der kolumbianischen Nonne entführt worden war, ermordet. Das war vor einem Jahr. „Was mich am meisten gestärkt hat, war der Glaube, das Gebet, denn ich habe immer die Psalmen rezitiert und hatte großes Gottvertrauen, weil das ganze Volk gebetet und sich geistig mit mir verbunden hat,“ betont Schwester Gloria Narváez.
In dem Moment der Trennung, in dem sie die Gewalt der Entführung durchlebte, erzählt die Ordensfrau, dass „ich mich stark fühlte und keine Angst vor dem hatte, was auf mich zukommen könnte. Ich wusste, dass Gott mich unterstützte, dass die ganze Kirche und die ganze Welt für mich beteten“.
Das Zwischenmenschliche
Schwester Gloria Narváez lebte vier Jahre und acht Monate mit ihren Entführern zusammen und beschreibt ihre Beziehung zu ihnen als komplett anders als das, was mit der Schweizer Missionarin geschehen ist. So habe die Kolumbianerin durchaus „viel Respekt und Gebet für jeden einzelnen von ihnen“ erlebt. Doch unter diesen Bedingungen musste sie ihre Gebetszeiten befolgen und respektieren, was es ihr ermöglichte, gute menschliche Beziehungen zu ihnen aufzubauen, sagt sie über ihre Entführer.
Obwohl dies die zwischenmenschlichen Beziehungen erleichterte, fühlte sie sich doch auch diskriminiert, weil sie eine Ordensfrau und katholisch ist. Die Dschihadisten hätten „den Vorrang“ des Islam immer klar hervorgehoben.
Angst um das Leben
Auf die Frage, ob sie jemals um ihr Leben gefürchtet hätte, antwortete Narvaez: „Von dem Moment an, als sie das Haus betraten, wusste ich, was auf mich zukommt. Aber ich hatte sehr viel Vertrauen in Gott. Ich war bereit, mein Leben zu geben.“
Schwester Narvaez erinnert sich auch an die Momente, in denen die Gruppe in der Wüste umherzog und „die Großartigkeit der Schöpfung, den Sonnenaufgang am Morgen“ beobachten konnte. „In jedem Moment habe ich mich sicher, bei Gott gut aufgehoben gefühlt“, so die Kolumbianerin.
Die Familie während der Gefangenschaft
Die Mutter von Schwester Narváez starb während ihrer Gefangenschaft, was sie erst nach ihrer Freilassung erfuhr. Sie sagte, sie habe das Gefühl gehabt, dass etwas passieren könnte, da ihre Mutter in fortgeschrittenem Alter gewesen sei und sie habe befürchtet, dass sie ihre Rückkehr vielleicht nicht mehr erleben würde.
Von ihrer Familie, ihrer Gemeinschaft habe sie sich immer gestützt gefühlt. Sie habe erfahren, dass ihre Verwandten ihrer Mutter gesagt hätten: „Wir beten für Gloria, sie wird freigelassen werden, vertrauen wir auf Gott.“
„Als ich in Bamako ankam und in das Haus des Präsidenten ging und Kardinal Jean Zerbo, den Präsidenten und den Minister für Kultur und Religionen traf, spürte ich, dass ich frei war“, so Schwester Gloria Narváez. An die Gedanken, die ihr durch den Kopf ging, als sie befreit wurde, kann sie sich noch gut erinnern: „Zunächst einmal wollte ich Gott von ganzem Herzen danken. Ich habe immer wieder gesagt: Es gibt keinen Gott, der so groß ist wie unser Gott; was er will, im Himmel und auf Erden. Ich habe immer wieder gesagt: Der Herr ist mein Licht und mein Heil. Ich war dem Herrn so dankbar, dass meine Freiheit möglich war.“
Vergelts Gott
Sie dankt den malischen Behörden, der italienischen Regierung, ihren Geheimdiensten und den ausländischen Regierungen, Kardinal Zerbo, Papst Franziskus, der sie während des Eröffnungsgottesdienstes der Weltsynode persönlich begrüßte, und „allen Menschen, die sich für mich eingesetzt haben, meine Freiheit zu erlangen“. Sie dankt auch den Menschen aus ihrem Dorf Miñanca in Carangazo, „das für mich gebetet und sich mit mir aus ihrer Kultur heraus verbunden ist“.
Der Einsatz in Mali
Schwester Gloria Narváez ist jetzt frei, aber sie blickt aus der Ferne auf die Menschen zurück, denen sie als Missionarin geholfen hatte: das Gesundheitszentrum, die Arbeit zur Förderung der Frauen, die Ausbildung, um ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, ein besseres Leben zu führen, nicht diskriminiert zu werden und so mit ihren Familien der Armut zu entkommen. „Die Mission muss fortgesetzt werden“, so ihr jetziger Wunsch.
(vatican news)
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