Mongolei: Mission in einer entwurzelten Gesellschaft
Einst herrschte in der Mongolei der Sozialismus. Eng war die Mongolische Volksrepublik mit der Sowjetunion verbündet. Religionen im Land wurden während der 68 Jahre andauernden sozialistischen Herrschaft verfolgt, insbesondere die damals vorherrschende Religion im Land: der Lamaismus, eine tibetische Ausprägung des Buddhismus.
Doch 1990 endete die sozialistische Herrschaft, das Land öffnete und demokratisierte sich. Wo einst alle religiösen Aktivitäten verfolgt wurden, brach plötzlich Religionsfreiheit aus. Das Ende des Sozialismus hinterließ jedoch zerstörte buddhistische Klöster und ein Vakuum innerhalb der Bevölkerung, die auf der Suche nach neuen Wertesystemen war. Dieses Vakuum versuchten auch christliche Missionare zu füllen, vor allem protestantische, die ab 1990 in das Land kamen. Heute machen Christen knapp zwei Prozent der Gesamtbevölkerung aus, lediglich zwei Prozent davon sind katholisch. Vorherrschende Religion ist nach wie vor der Buddhismus.
Ende des Sozialismus „günstige Fügung der Vorhersehung“
„Wenn man auf die ersten dreißig Jahre der offiziellen Präsenz der katholischen Kirche in der Mongolei zurückblickt, hat man das Gefühl, dass alles in einer günstigen Fügung der Vorsehung begann, die dazu führte, dass sich eines der verschlossensten Länder der Welt plötzlich für die Missionsarbeit öffnete.“ So lässt Giorgio Marengo, Apostolischer Präfekt von Ulan Bator, der mongolischen Hauptstadt, die Anfangszeit der Mission bei einem von der Päpstlichen Missionsunion veranstalteten Webinar Revue passieren.
Die Mission habe zwar überraschend schnelle Fortschritte erzielt, jedoch halte man es nun für wichtig, den Prozess zu verlangsamen und in eine „Dimension größerer Tiefe" einzutreten. Ähnlich sieht das Pater Jeroom Heyndrickx, einer der ersten katholischen Missionare, die 1991 hier ankamen: „Es schien aus irgendeinem Grund so, als ob alles in Eile getan werden müsste und alles schnell ging. Wenn die Schnelligkeit der Anfänge auch ihre unbestreitbaren Vorteile hatte, so ist es jetzt vielleicht an der Zeit, tiefer zu gehen und vor allem an das Leben des Glaubens zu denken, das von Inhalten genährt werden muss, die der Realität angemessen sind."
Nach Ansicht von Bischof Marengo bedeutet Tiefe „eine lange Zeit der Integration, ein langsames Bemühen um das Erlernen der lokalen Sprache und vor allem das Einswerden mit dem pulsierenden Herzen dieser Kultur", die einem in jeder einzelnen Person begegne. Man wolle sich nun auch vermehrt darauf konzentrieren, die Gläubigen auf ihrem Glaubensweg zu begleiten, die „von der Gnade berührt beginnen, ihre persönliche und kollektive Geschichte im Licht des Evangeliums neu zu lesen".
Bevölkerung entwickelt sich rasant
Nach Ansicht des Prälaten könne dieser Wechsel des Tempos und Augenmerks eine wirksame Antwort auf die neuen Bedürfnisse der mongolischen Gesellschaft darstellen, die ebenso wie die Kirche in diesem Gebiet eine äußerst rasante Entwicklung erfahren habe: „Das rasche Wirtschaftswachstum geht mit einer entsprechend höheren Komplexität der Gesellschaft einher. Wenn es schon zu Zeiten des Sozialismus zwei Typen von Mongolen gab, die städtischen in Ulan Bator und jene im Rest des Landes, die noch von den alten Traditionen des Nomadentums geprägt waren, so ist der Unterschied heute zum Teil noch deutlicher, aber auch komplexer, weil sich die Lebensstile vermischen und wir mit den Trends der globalisierten Welt konfrontiert sind."
1.300 römisch-katholische Christen umfasst die Gemeinde in der Mongolei. 64 katholische Missionare, davon 22 Priester, 35 Ordensfrauen, drei Laienmissionare und ein Bischof befinden sich im Land. Der örtliche Klerus umfasst nur einen Priester und einen Diakon, der demnächst geweiht wird.
Die Mongolei ist das am dünnsten besiedelte Land der Welt. Nur zirka 3,3 Millionen Einwohner leben auf einem Gebiet, in das Deutschland flächenmäßig mehr als viermal passen würde.
(fides – gh)
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