USA: Abtreibungsgesetz in Texas bleibt vorerst in Kraft
Der vom Supreme Court gewählte Zeitplan ist durchaus außergewöhnlich, da normalerweise zwischen der Annahme eines Falles und dem Termin der Prüfung in der Hauptsache Monate vergehen, wie die „Washington Post" (Freitag) schreibt.
„Herzschlag-Gesetz“ und „Kopfgeldklausel“
Das Texanische Abtreibungsgesetz ist jedoch durchaus eine spezielle Angelegenheit. Das sogenannte „Herzschlag-Gesetz“ gilt als das strengste Abtreibungsgesetz der USA. Es verbietet Abtreibungen ab dem Zeitpunkt, an dem Herztöne des Fötus wahrnehmbar sind, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Kritiker monieren, dass viele Frauen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wissen würden, dass sie schwanger sind. Ebenso stoßen die Tatsachen, dass das Gesetz keine Ausnahmen bei Inzest oder Vergewaltigung vorsieht und private Kläger von Frauen, die gegen das Gesetz verstießen, mit 10.000 US-Dollar belohnt werden, auf Proteste. Unterstützt werden die Kritiker von der demokratischen US-Regierung.
Juristisches Hickhack
Seit 1. September ist das Gesetz im US-Bundesstaat mit der zweitgrößten Bevölkerung in Kraft. Eine untere Gerichtsinstanz hatte das USA-weit strengste Anti-Abtreibungsgesetz zunächst blockiert, ein Berufungsgericht setzte es allerdings wieder in Kraft. Nun liegt das Gesetz beim Supreme-Court.
Dass sich der Supreme Court mit dem Fall befassen will, könnte Auswirkungen auf das Grundsatzurteil „Roe gegen Wade" von 1973 haben. In diesem Urteil entschied der damalige Supreme Court, dass staatliche Gesetze, die Abtreibungen verbieten, gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten verstoßen. Seither sind in den meisten US-Bundesstaaten Abtreibungen mit wenigen Einschränkungen möglich. „Roe gegen Wade“ zählt zu den gesellschaftlich umstrittensten Entscheidungen in der Geschichte des Supreme Court, der damals unter Führung des Obersten Richters Warren E. Burger von einer liberalen Richtermehrheit geprägt war. Eine liberale Richtermehrheit im Supreme Court gibt es heute jedoch nicht mehr: Sechs der neun Richter, die auf Lebenszeit ernannt sind, gelten als konservativ.
Gesetze wurden mehrheitlich liberaler
Eine Analyse der „Washington Post“ zeigt, dass Abtreibungen während eines Abschnitts der Schwangerschaft derzeit in über 65 Ländern, darunter auch die Vereinigten Staaten, weitgehend legal sind. Die meisten Länder begrenzen den Zeitpunkt, zu dem Abtreibungen legal sind, doch viele erlauben Abtreibungen auch nach diesem Zeitpunkt, wenn bestimmte Ausnahmen erfüllt sind. Verglichen mit den anderen amerikanischen Ländern gelten in der USA besonders liberale Abtreibungsgesetze, jedoch divergieren diese von Bundesstaat zu Bundesstaat. Gesetze nach texanischem Vorbild werden mittlerweile auch von republikanischen Regierungen in Florida, Ohio und anderen Bundesstaaten angedacht. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass in den letzten knapp dreißig Jahren Regierungen Abtreibungsgesetze eher liberaler als restriktiver machten. Von 53 Ländern, die seit 1994 ihre Abtreibungsgesetze bedeutend veränderten, wurden diese nur in drei Staaten restriktiver: Nicaragua, Polen und El Salvador.
(kap – gh)
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