Kolumbien: NGOs mit gemischter Bilanz nach Friedensabkommen
Das Friedensabkommen habe durchaus einige Fortschritte gebracht, etwa bei der Wiedereingliederung bewaffneter Kämpfer in die Gesellschaft, so die Mitgliedsorganisationen der Deutschen Menschenrechtskoordination Kolumbien in einer gemeinsamen Presseaussendung.
Generell scheitere es aber vielfach an der Umsetzung. Gerade Vereinbarungen des Abkommens, die strukturelle Ursachen des bewaffneten Konfliktes beheben sollen, würden von der Regierung um Präsident Duque unzureichend umgesetzt. Auch in der Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt gegen Frauen durch alle bewaffneten Gruppen bliebe die Regierung hinter den Ansprüchen kolumbianischer Frauenorganisationen zurück.
Sorge um Menschenrechtler in ländlichen Gebieten
Trotz einiger Fortschritte sei die Gewalt in Kolumbien auch fünf Jahre nach Unterzeichnung des Friedensvertrages nicht beendet. Die Mitgliedsorganisationen der Menschenrechtskoordination Kolumbien würden deshalb weiterhin mit Sorge auf die prekäre Menschenrechtslage in dem lateinamerikanischen Land blicken.
Besonders beunruhigt zeigten sich die Organisationen über die Lage von Menschenrechtverteidigern in den ländlichen Regionen. Im Abkommen vereinbarte Sicherheitsgarantien würden nicht umgesetzt werden, so die Kritik. Die Menschenrechtsorganisation „Somos Defensores“ registrierte allein in diesem Jahr 86 Morde an Menschenrechtsaktivisten.
Deutschland soll Zusammenarbeit weiter stärken
Auch das Urteil über die Rolle von Deutschland ist differenziert. Einerseits sei Deutschland einer der Hauptunterstützer des Friedensprozesses in Kolumbien. „Gerade an diesem Punkt des Prozesses ist es besonders wichtig, die menschenrechtliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern weiter zu stärken", fordert Betina Beate, Abteilungsleiterin Lateinamerika von MISEREOR.
Kritik an deutschem Militärabkommen
Andererseits stößt ein Kooperationsabkommen über Verteidigungsfragen, das Deutschland mit Kolumbien Anfang November geschlossen hat, auf Kritik. Dass kaum etwas über den Inhalt des Abkommens bekannt sei, sei nicht nachvollziehbar. Außerdem sende ein „solches Abkommen zu diesem Zeitpunkt ein fatales Signal an die vielen Überlebenden und Angehörigen von Menschen, die im fünf Jahrzehnte dauernden Konflikt Opfer schwerster Menschenrechtsverletzungen durch das kolumbianische Militär geworden sind. Sie warten nach wie vor auf Aufklärung, Wahrheit und Gerechtigkeit", so Oliver Müller, Leiter von Caritas international.
Nach wie vor seien viele ländliche Regionen von verschiedenen bewaffneten Akteuren umkämpft. Eine zunehmende Militarisierung trage in der Regel zur Verschlechterung der Sicherheitslage der Zivilbevölkerung in diesen Gebieten bei. „Das Misstrauen der Bevölkerung gegen das kolumbianische Militär, welches für massive Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, ist groß. Zumal diese Verbrechen in der Mehrzahl bis heute straflos geblieben sind", erklärt Beat Wehrle, Vorstand Programme von terre des hommes Deutschland e.V.
Rund 50-jähriger Konflikt formell beendet
Am 24. November 2016 war der über 50 Jahre andauernde bewaffnete Konflikt zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens formell beendet worden. Dem damaligen Präsidenten Juan Manuel Santos wurde im selben Jahr der Friedensnobelpreis zuerkannt, von fast überall auf der Welt gab es Anerkennung. Jedoch sind viele Punkte der Abmachung umstritten und der Frieden an einige Bedingungen geknüpft, darunter Strafmilderungen für FARC-Mitglieder, die zur Wahrheitsfindung beitragen.
(pm – gh)
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