Auf der Vollversammlung der Bischofskonferenz Auf der Vollversammlung der Bischofskonferenz 

USA: Bischöfe uneins beim Thema Eucharistie

Dürfen katholische Politiker zur Kommunion gehen, auch wenn sie für Wahlfreiheit bei Abtreibung eintreten? Diese Frage ist in den Vereinigten Staaten von großer Brisanz – vor allem deshalb, weil Joe Biden nach John F. Kennedy erst der zweite Katholik im Weißen Haus ist.

Die US-Bischofskonferenz debattiert in diesen Tagen bei ihrer Vollversammlung in Baltimore über ein Dokument zum Thema Eucharistie. Der Vatikan hat schon vorab klargemacht, dass er keinen „Showdown“ in Sachen Biden wünscht.

Der emeritierte Erzbischof von Los Angeles, Kardinal Roger Mahony, macht, was die Debatte unter seinen Mitbrüdern im Bischofsamt betrifft, aus seinem Herzen keine Mördergrube. „Ich finde, es ist unglücklich, dass uns dieses Dokument jetzt vorliegt, denn ich erinnere mich, dass dieses Thema schon beim Ad-limina-Besuch im Januar 2020, also vor der Covid-Krise, zur Sprache kam.“ Das sagte Mahoney vor Beginn der Vollversammlung in einem Interview mit Radio Vatikan.

„Ich glaube, dann hätten wir beschlossen, dass wir dieses Dokument nicht brauchen...“

„Der Heilige Vater sucht natürlich immer den Weg der Begegnung und des Dialogs, um mit solchen Themen umzugehen, besonders unter den Bischöfen. Und dann hat Kardinal Ladaria, der Präfekt der Glaubenskongregation, auf Drängen des Heiligen Vaters einen recht ausführlichen Brief an die US-Bischöfe geschickt, in dem er einen Prozess skizzierte, den wir durchlaufen sollten.“

Da sei unter anderem die Rede von regionalen Bischofstreffen gewesen, um das Thema Eucharistie gut zu durchdenken. „Das haben wir wegen Covid nicht getan. Wenn wir das getan hätten, wären wir jetzt in einer ganz anderen Situation. Und wenn wir wirklich diesen ehrlichen Dialog untereinander geführt hätten und die Positionen der anderen verstanden hätten und dann als Gemeinschaft der Bischöfe in Einheit gehandelt hätten, hätten wir einen Weg nach vorne finden können. Ich glaube, dann hätten wir beschlossen, dass wir dieses Dokument nicht brauchen!“

Das Thema spaltet die Bischöfe

Mahoney hält ersichtlich nicht viel von dem Papier, über das von Montag bis Donnerstag bei der Vollversammlung beraten wird. „Denken Sie daran, dass dieses Dokument ursprünglich vor allem dazu gedacht war, katholische Gesetzgeber zu bestrafen. Der Heilige Stuhl hat uns jedoch daran erinnert, dass die Bischofskonferenz nicht befugt ist, Derartiges zu verordnen, ohne dass das vom Heiligen Stuhl genehmigt wird.“

Kaum ein Thema entzweit die US-Bischöfe wohl so sehr wie dieses. Der päpstliche Nuntius Christophe Pierre bekräftigte zwar auf der Vollversammlung, die Kirche müsse „unumwunden für das Leben“ eintreten. Allerdings warb er dann für einen „synodalen“ Ansatz: Die Bischöfe sollten sich auf Gespräche einlassen, um „besser zu verstehen, warum Menschen versuchen, Schwangerschaften zu beenden“.

Zum Nachhören: Kardinal Mahoney schaltet sich in den Streit um Kommunion für katholische Politiker, die für Abtreibung sind, ein - Radio Vatikan

„Das Dokument ist völlig unnötig“

Erzbischof José Gomez; Mahoneys Nachfolger in Los Angeles und Vorsitzender der Bischofskonferenz, sprach hingegen in seinem Einführungsvortrag das Wörtchen „synodal“ nicht aus – und nannte das Eucharistie-Dokument (obgleich der Entwurf entschärft worden ist) „absolut wesentlich“.

„Das Dokument ist völlig unnötig“, bekräftigt hingegen Kardinal Mahoney. „Denn auf unserer Juni-Vollversammlung haben wir auch einen Parcours für den Ausschuss zur Evangelisierung gebilligt, ein zweijähriges intensives Programm der Wiederbelebung durch die Eucharistie, das 2024 mit einem Nationalen Eucharistischen Kongress enden wird. Wir haben also diesen wichtigen Teil längst in Angriff genommen. Ich denke, dass das Dokument, so wie wir es haben, kurz vor den Feiertagen verabschiedet wird; niemand wird es lesen... Es wird keinerlei Auswirkungen haben, denn direkt nach den Feiertagen werden wir mit dieser Wiederbelebung des eucharistischen Gedankens beginnen – und das ist, was wir eigentlich vor allem tun sollten.“

„Das ist sehr schwierig – es ist fast unmöglich“

Kardinal Mahoney spricht im Interview mit uns sehr offen aus, dass er schon mit dem Grundimpuls des Eucharistie-Papiers nicht einverstanden ist – nämlich der Untersuchung, ob man katholischen Politikern, die für Abtreibung sind, die Kommunion verweigern kann.

„Zunächst einmal sind wir eine demokratische Republik. Der Weg unseres Landes ist die Trennung von Kirche und Staat. Und damit ist das eine sehr schwierige Position für katholische Politiker, die von einigen in der Kirche unter Druck gesetzt werden, alle Entscheidungen auf der Grundlage der katholischen Kirchenlehre zu treffen. Das ist sehr schwierig – es ist fast unmöglich.“

Eine Demo konservativer Katholiken in Baltimore
Eine Demo konservativer Katholiken in Baltimore

Für einen konstruktiven Dialog

Bischöfe und Priester müssten doch Verständnis für die Zwangslage von katholischen Politikern, Richtern und Entscheidungsträgern aufnehmen, so Mahoney. „Ich war begeistert, als am 18. Juni 60 katholische Mitglieder des Kongresses eine Grundsatzerklärung abgaben. Ich habe sie zwei- bis dreimal durchgelesen und gesagt: Das sind wir! Das ist die Kirche! Sie wollen in vielerlei Hinsicht mit uns zusammenarbeiten, und sie haben eine ganze Liste von Möglichkeiten aufgezählt, wie wir zusammenarbeiten könnten – angefangen damit, die Gründe für Abtreibung und das Vorkommen von Abtreibungen so weit wie möglich zu reduzieren. Als ich das las, dachte ich: Das ist der Weg zu einem konstruktiven Dialog.“

Er könne nur hoffen, dass die Bischöfe, „anstatt uns um Dokumente zu sorgen, in den Dialog treten“, sagt der emeritierte Erzbischof von Los Angeles.

„Einander zuhören - das haben wir nicht getan“

„Was ist denn das Wichtigste, das der Heilige Vater in all diesen Dokumenten zum Synodenprozess, den wir jetzt beginnen, anführt? Einander zuzuhören. Reflektieren. Unterscheidungsvermögen. Was für ein wunderbares Instrument! Und das haben wir nicht getan.“

Er glaube nicht, dass das Eucharistie-Dokument „irgendetwas bewirken wird, das Einheit herbeiführen wird“. Aber das sagte Mahoney noch vor Beginn der Beratungen in Baltimore, die bis Donnerstag andauern. Vielleicht haben die US-Bischöfe ja untereinander zu einem konstruktiven Dialog gefunden.

(vatican news – sk)
 

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17. November 2021, 12:35