Myanmar: Menschen leiden, sind aber still geworden
Marie Duhamel und Gudrun Sailer - Vatikanstadt
In vielen Teilen des Landes wie in der Hauptstadt Rangun ist es still geworden, berichtet der Ordensmann, der seit Jahren in Myanmar wirkt und lieber anonym bleiben möchte. Einige Regionen seien inzwischen befriedet, derzeit sehe er in Rangun nur selten Bewaffnete. „Auf den Straßen sieht man hier und da ein paar Tags und kleine Zeichen des Protests, aber es gibt keine Spuren mehr von den vergangenen Demonstrationen". Die Stadt habe sogar wieder eine gewisse Lebendigkeit erlangt. „Es ist business as usual, oder fast, denn es gibt immer noch eine große Finanzkrise", sagt der Priester.
Zugleich trüge der Schein der Stille in Rangun: In anderen Bundesstaaten kommt es jeden Tag zu Kämpfen, insbesondere im ärmsten Bundesstaat des Landes, Chin, der im Westen liegt, sowie im östlich gelegenen Staat Kayah, der zu 50 Prozent katholisch ist.
Laut Zeugenaussagen, die der Missionar gesammelt hat, kam es dort zu barbarischen Akten. „Die Gewalt geht leider von beiden Seiten aus, aber vor allem von der Seite, die die Waffen hat ... 'der Regierung', wenn man das so nennen kann". So wurden dem Militär mehrere Massaker an Dorfbewohnern angelastet.
Unter der lokalen Bevölkerung herrscht ein Klima des Misstrauens und der Angst, „und das ist wahrscheinlich beabsichtigt", beobachtet der katholische Ordensmann. Gerüchte über das Herannahmen der Armee treiben jedenfalls viele Menschen in den Dörfern zur Flucht.
Seit Beginn der Kämpfe haben rund 300.000 Zivilisten ihre Heimatdörfer verlassen. „Die katholische Kirche versucht, hier Gutes zu tun, indem sie die Vertriebenen an ruhigeren Orten aufnimmt, aber es ist kompliziert, weil es manchmal verboten ist", berichtet der Missionar. „Ich habe gehört, dass einem Priester mit Gefängnis gedroht wurde, weil er Reis verteilt hatte. Die Leute, die Nahrungsmittel verteilen, werden als Rebellen betrachtet. Die Kirche schafft es trotzdem zu helfen, indem sie Reis oder Medikamente weitergibt, aber auf lokaler Ebene", indem sie auch mit den Behörden in Dialog tritt, selbst wenn dies manchmal nicht gern gesehen wird.
Seit kurzem sind fast alle Kirchen im Land wieder geöffnet. „Wann immer wir können, feiern wir normal", berichtet der Missionar. Die burmesischen Bischöfe rufen zum Frieden auf, wie Kardinal Charles Bo am Montag auf Vatican News, aber auch zum Gebet, mit Zeiten der Anbetung oder dem Beten des Rosenkranzes, „um die christlichen Bevölkerungen, die gequält werden, zu trösten, indem man ihnen ein wenig Hoffnung gibt, die wahre christliche Hoffnung".
1. Februar 2021: Militärputsch in Myanmar
Am 1. Februar letzten Jahres beendete die burmesische Armee ein Jahrzehnt des demokratischen Übergangs. Das Militär unter der Führung des Putschgenerals Min Aung Hlaing annullierte die Parlamentswahlen, die im November 2020 von der Demokratischen Liga von Aung San Suu Kyi gewonnen worden waren. Die Friedensnobelpreisträgerin wurde wie zahlreiche gewählte Abgeordnete gefangen genommen.
Aus Protest gegen die erneute Inhaftierung der politischen Führerin, die bereits von der vorherigen Junta von 1989 bis 2010 ihrer Freiheit beraubt worden war, mobilisierte die Bevölkerung auf friedliche und beispiellose Weise. Wochenlang ging die Zivilgesellschaft in den größten Städten des Landes auf die Straße. Die Atmosphäre war anfangs eher entspannt, verkleidete Jugendliche demonstrierten in Rangun und veranstalteten Topfkonzerte, erinnert sich der französische Missionar. Die Junta allerdings reagierte unerbittlich und mit Gewalt. Innerhalb eines Jahres wurden laut einer lokalen NGO fast 1.500 Menschen getötet und fast 12.000 festgenommen. Darüber hinaus kam es zu Vergewaltigungen, Folter und willkürlichen Hinrichtungen.
Papst Franziskus hatte bei einer Visite in Myanmar 2017 zu Frieden und Versöhung aufgerufen. Er war der erste Papst zu Besuch in dem südostasiatischen Land, das eine buddhistische Bevölkerungsmehrheit hat.
(vatican news)
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