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Das Päpstliche Institut für Orientalistik hatte einen (Online)Austausch zur Lage in der Ukraine organisiert Das Päpstliche Institut für Orientalistik hatte einen (Online)Austausch zur Lage in der Ukraine organisiert 

Kiews Vatikanbotschafter: Krieg bedroht auch religiöse Vielfalt

Der ukrainische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrij Jurash, hat die Rolle der Religionen im Ukraine-Krieg betont. Es sei nicht nur ein Krieg zwischen zwei Ländern, es gehe auch um das Überleben verschiedener religiöser Gruppen, sagte Jurash am Dienstag bei einer Veranstaltung auf Einladung des Päpstlichen Instituts für Orientalistik.

Es gehe darum, sich frei für eine religiöse Überzeugung entscheiden und seinen Glauben frei leben zu können. Die orthodoxe Kirche in der Ukraine sei einen langen und schweren Weg zur Unabhängigkeit gegangen, so der Diplomat. An dem Austausch des Päpstlichen Instiuts für Orientalistik nahm auch der Übergangsleiter des vatikanischen "Entwicklungsministeriums", Kardinal Michael Czerny, teil. Er war erst jüngst im Auftrag von Papst Franziskus mehrfach in die Ukraine und in Grenzländer gereist. Czerny berichtete von einer großen Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft unabhängig der Religionszugehörigkeit: „Ich war sehr beeindruckt, denn in diesen Regionen sind die Beziehungen zwischen den verschiedenen Konfessionen oft problematisch und tragen die Last einer Geschichte von Konflikten und Vorurteilen. Plötzlich macht die Notwendigkeit, Flüchtlinge aufzunehmen, die konkrete Ökumene der Solidarität möglich, ja erzwingt sie sogar: sich zu treffen und zusammenzuarbeiten, um den Menschen in Not zu helfen."

„Plötzlich macht die Notwendigkeit, Flüchtlinge aufzunehmen, die konkrete Ökumene der Solidarität möglich“

Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören im Wesentlichen zwei verschiedenen Kirchen an: der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) „Orthodoxen Kirche der Ukraine". Letztere besteht erst seit rund drei Jahren.

Etwa jeder zehnte Einwohner der Ukraine gehört der griechisch-katholischen Kirche an. Diese ist laut dem ukrainischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Andrij Jurash, ebenfalls ein essenzieller Bestandteil seiner Heimat. Sie sei derzeit sehr aktiv bei der Betreuung der Menschen, auch der Soldaten, die in der Ukraine kämpften. Zudem erinnerte Jurash daran, dass Kirchen aller Glaubensgemeinschaften in der Ukraine zerstört würden und auch Priester ums Leben kämen.

Kardinal Sandri kritisiert „Brudermord"

Der Präfekt der vatikanischen Ostkirchenkongregation, Kardinal Leonardo Sandri, sprach mit Blick auf den Krieg in der Ukraine von einem „Brudermord": „Auch heute sind die Kinder der einen Taufe entzweit und bekriegen sich, und wir werden erneut Zeuge des uralten und immer neuen Dramas von Kain, der seine Hand gegen seinen Bruder Abel erhebt." Er verwies zugleich darauf, dass alle gemeinsam unter der aktuellen Situation litten: „Andererseits leiden die verschiedenen Kirchen in der Ukraine, auch die, die mit dem Moskauer Patriarchat verbunden sind, genauso wie alle Ukrainer, indem sie in Osteuropa jene Ökumene des Blutes und des Leids wieder aufleben lassen, die wir in den letzten Jahren nur im Zusammenhang mit den Konflikten im Nahen Osten zu erwähnen gewohnt waren."

„Es leiden die verschiedenen Kirchen in der Ukraine, auch die, die mit dem Moskauer Patriarchat verbunden sind, genauso wie alle Ukrainer“

Friedensappelle des Papstes bekräftigt

Sandri erinnerte daran, dass auch Papst Franziskus seit dem Kriegsbeginn immer wieder „die Aggression und die Invasion" anprangerte, und nicht nur für heute, sondern auch für die nahe Zukunft um die aktive Solidarität der christlichen Gemeinschaften und der ganzen Welt mit all jenen bat, die Opfer des Konflikts sind". Kardinal Sandri äußerte zugleich die Hoffnung auf Frieden. Dazu brauche es einen Waffenstillstand, Gerechtigkeit und den Respekt internationalen Rechts. Dann seien auch Heilung und Versöhnung möglich.

Kiewer Großerzbischof Schewtschuk per Video zugeschaltet

Der per Video zugeschaltete griechisch-katholische Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk berichtete unter Tränen vom Krieg in seiner Heimat.

Der griechisch-katholische Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk war per Video zugeschaltet
Der griechisch-katholische Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk war per Video zugeschaltet

Gezielt würden Gotteshäuser angegriffen, Orte, an denen Menschen Zuflucht suchten. Getötete Zivilisten würden einfach auf die Straße geworfen. In Mariupol nähmen russische Soldaten horrende Summen entgegen, um Menschen aus der Stadt zu lassen, ganz ohne humanitären Korridor. „Sie verderben uns", so Schewtschuk.

Die Leiterin der Caritas Ukraine, Tetiana Stawnychy, berichtete, dass die Menschen auf der Flucht immer schwächer und verletzlicher seien. Die Flucht so vieler Menschen zu ermöglichen, sei nur durch den gemeinsamen Einsatz unzähliger Freiwilliger möglich. Viele Gemeinden hätten spontan Fluchthilfen geschaffen und Flüchtlinge aufgenommen. Das sei von unschätzbarem Wert.

(vatican news/kna-sst)

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30. März 2022, 11:18