Polizisten bei einer Demonstration der serbischen Minderheit im September 2021 Polizisten bei einer Demonstration der serbischen Minderheit im September 2021 

Kosovo: Abt Sava mahnt mehr Rechtsstaatlichkeit an

Der Abt des serbisch-orthodoxen Klosters Decani im Nordwesten des Kosovo, Sava (Janjic) sorgt sich um die serbische Minderheit im Kosovo. Der Westen verschließe vor den regionalen politischen Entwicklungen die Augen, so der Abt im Gespräch mit der österreichischen Agentur Kathpress.

Europa müsste dem gesamten Westbalkan viel mehr Aufmerksamkeit widmen: „Das ist hier eine tickende Zeitbombe", so  der Abt des serbisch-orthodoxen Klosters Decani. Sava ist seit 2011 Vorsteher des Klosters und wurde als "Cyber-Mönch" weltweit bekannt. Er galt als einer der prominentesten Verfechter für ein Ende der Gewalt im Kosovokrieg und ließ 1998/99 aus dem nicht ganz 700 Jahre alten Kloster via Internet Aufrufe zum Frieden und Informationen über die Lage im Kriegsgebiet verbreitete. Er berichtete über den Konflikt und das Leiden aller Menschen - sowohl von Albanern als auch Serben - und kritisierte auch massiv die Politik des serbischen Milosevic-Regimes. Bei den Kosovo-Albanern entschuldigte er sich für das Unrecht, das ihnen widerfahren war.

„Das ist hier eine tickende Zeitbombe“

Der Abt beklagte zudem im Gespräch mit Kathpress und weiteren österreichischen Journalisten vor Ort, dass es für das Kloster bis heute nicht möglich war, einst enteignete landwirtschaftliche Flächen zurückzubekommen. Zumindest für einen kleinen Teil dieser Ländereien liege seit sechs Jahren ein positiver Entscheid des höchsten kosovarischen Gerichts vor. Doch die Regierung von Premierminister Albin Kurti weigere sich, diesen Entscheid umzusetzen. „Kurti sagt dies auch ganz offen in der Öffentlichkeit. Und nichts passiert", empörte sich der Abt. Der Westen sei blind und taub gegenüber albanischem Nationalismus und Populismus im Kosovo, so die schwerwiegenden Vorwürfe des Abts.

„Wenn dieses Gebiet als auch historisch rein albanische Region beschrieben wird, und wir Serben schlicht als Invasoren dargestellt werden, dann ist das brandgefährlich, wenn es sich in den Köpfen und Herzen der Menschen festsetzt“

Das Kloster Decani sei das wohl stärkste Zeichen für das Christentum und die serbische Präsenz im Kosovo, so Abt Sava. Die albanische Seite wolle aber durch eine Desinformationskampagne die kulturelle und religiöse Geschichte der Region umschreiben. Das sei noch viel gefährlicher als gewalttätige Attacken. „Denn wenn ein Bauwerk zerstört ist, dann kann man es wieder aufbauen. Doch wenn dieses Gebiet als auch historisch rein albanische Region beschrieben wird, und wir Serben schlicht als Invasoren dargestellt werden, dann ist das brandgefährlich, wenn es sich in den Köpfen und Herzen der Menschen festsetzt." Immer wieder gebe es auch in den Medien Kampagnen gegen das Kloster bzw. die serbische Präsenz im Land. Aber:  „Wir Serben sind hier Einheimische. So wie auch die Albaner Einheimische sind. Sie haben ihre Kultur und wir haben unsere Kultur."

Kein Konflikt Christentum-Islam

Der von manch kosovarischer Seite vorgebrachte Einwand, bei Decani oder anderen Klöstern handle es sich um ursprünglich albanische Klöster, sei lächerlich, so der Abt: „Und wenn es so wäre, warum zerstören sie dann ihre eigenen Kirchen und Klöster?"

Abt Sava verneinte, dass es sich im Kosovo um einen Konflikt zwischen Christentum und Islam handelt. Der Islam im Kosovo sei grundsätzlich sehr moderat. 

Hintergrund

Seit dem Einmarsch der NATO im Kosovo 1999 wird das Kloster Decani durch internationale Militärpräsenz (KFOR) geschützt. Wer zum Kloster will, muss einen Checkpoint passieren, in und um das Kloster sind KFOR-Soldaten stationiert. Und dieser militärische Schutz ist laut dem Abt auch nach wie vor dringend nötig. Auf die örtliche kosovarische Polizei sei kein Verlass. Das Kloster war laut dem Abt auch nach dem Krieg noch mehrmals Attacken mit Waffen ausgesetzt. „Zwei Mal im Jahr 2000, dann noch 2004 und 2007", berichtet Sava. 2014 wurde die Klostermauer mit IS-Graffitis beschmiert.  

Der Bau des Klosters wurde 1327 von König Stefan Uros III. begonnen, der auch den Beinamen „Decanski" trägt, und von seinem Sohn Zar Dusan 1355 vollendet. Das Kloster stellt heute eines der bedeutendsten serbischen Heiligtümer dar, dessen einzigartige Architektur den romanischen und gotischen wie auch den serbisch-byzantinischen Baustil harmonisch in sich vereint. Neben den außergewöhnlichen Fresken aus der Zeit der „paleologischen Renaissance" besitzt das Kloster eine reichhaltige Bibliothek und Schatzkammer. Aus diesem Grund wurde es 2004 zum UNESCO-Weltkulturerbe erhoben. 

(kap-sst)

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11. März 2022, 12:27