Kiew: Feuerwehr löscht am 12. März nach einem russischen Bombenangriff einen Hausbrand Kiew: Feuerwehr löscht am 12. März nach einem russischen Bombenangriff einen Hausbrand 

Ukraine: Menschen „in der Hölle“

In den umkämpften Gebieten der Ukraine sind derzeit nach Worten des Sprechers der Orthodoxen Kirche der Ukraine, Erzbischof Evstratiy, keine Beerdigungen möglich.

„Priester erzählen, dass Leichen von Zivilisten auf der Straße liegen und sich niemand um sie kümmert“, sagte er im Interview der „Welt“ von diesem Montag. „Die Menschen befinden sich in der Hölle.“

Die russischen Angreifer nähmen keine Rücksicht auf religiöse Orte, auch wenn diese als Schutzräume dienten. „Sie kennen keine Moral“, sagte Evstratiy und verwies auch auf den Angriff auf ein Krankenhaus in der umkämpften Hafenstadt Mariupol. In Charkiw seien Gemeindemitglieder getötet worden, als sie nach der Messe das Gotteshaus verließen.

„Das geht noch auf die Sowjetzeit zurück“

Er sei zudem in großer Sorge um Priester in den eroberten Gebieten. Der Bürgermeister von Melitopol sei entführt worden, so der Geistliche: „Allen anderen, die die Besetzung Russlands ablehnen, wird es nicht anders ergehen“. Wer als Anführer gelte, dem drohe die Verhaftung. „Das geht noch auf die Sowjetzeit zurück. Als die baltischen Staaten besetzt wurden, hat man Priester, Intellektuelle, Künstler und Aktivisten verhaftet und deportiert.“

Demonstration im russisch besetzten Melitopol (Ukraine)
Demonstration im russisch besetzten Melitopol (Ukraine)

Aus seiner Erzdiözese wisse er, „dass Russen bereits nach Priestern suchen“, sagte das Oberhaupt der orthodoxen Kirche in den nordukrainischen Städten Tschernihiw und Nischyn. Auch er selbst stehe „auf der Liste der Russen“. Der russische Präsident Wladimir Putin sei für ihn „Antichrist. Nicht der endgültige, wie wir ihn aus der Apokalypse im Buch des Evangeliums kennen. Aber er ist wie Hitler, Stalin, völlig gottlos.“

„Auf Jahre wird nichts mehr so sein wie früher“

Evstratiy bat um weitere Unterstützung. Das Gebet sei „nötiger als je zuvor. Es ist eine Inspiration. Wir wollen die Menschen dazu inspirieren, dass sie Widerstand leisten“. Indes: Selbst wenn „morgen Waffenstillstand oder sogar Frieden wäre, ist unser Land um Jahre zurückgeworfen“, betonte er. „Auf Jahre wird nichts mehr so sein wie früher.“

Von der ukrainisch-orthodoxen Kirche wünsche er sich eine klarere Positionierung, sagte der Erzbischof. Deren Priester berichteten von Bombenangriffen und den Zivilisten, die unter dem Krieg litten. „Aber sie erwähnen nicht, wer die Mörder sind“, kritisierte er. Rund 70 Prozent der 45 Millionen Ukrainer bekennen sich zum orthodoxen Christentum. Sie gehören allerdings zwei verschiedenen Kirchen an: der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats und der autokephalen (eigenständigen) „orthodoxen Kirche der Ukraine“.

(kna – sk)
 

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14. März 2022, 11:39