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Der Libanon hat gewählt - die Auswirkungen der Wahl sind allerdings noch offen Der Libanon hat gewählt - die Auswirkungen der Wahl sind allerdings noch offen 

Libanon nach den Wahlen: Es braucht Kompromissbereitschaft

Ein Abbild der Spaltung, die das Land durchzieht, und das Risiko einer weiteren Lähmung der dringend benötigten Reformen: So lassen sich die Ergebnisse der libanesischen Parlamentswahlen von diesem Sonntag lesen. Einen Ausweg aus der Krise sieht der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke, Rouphael Zgheib, nur in einem Kompromiss der politischen Akteure.

Die politische Koalition der pro-iranischen schiitischen Partei Hisbollah und ihrer Verbündeten, die in der letzten parlamentarischen Versammlung dominierte und auch die letzten Regierungszusammensetzungen bestimmte, hat ihre parlamentarische Mehrheit den Ergebnissen zufolge verloren. Noch besteht keine Klarheit über die Verteilung der Sitze auf die einzelnen Kräfte, allerdings ist sicher, dass die Hisbollah und die mit ihr verbündeten Parteien nicht mehr die 70 von 128 Sitzen kontrollieren, auf die sie im vorherigen Parlament zählen konnten.

Doch der Verlust an Sitzen hält sich in Grenzen, so dass es keine Hinweise auf einen möglichen Umsturz des politischen Rahmens gibt. Die Hisbollah und ihr wichtigster Verbündeter, die schiitische Amal-Partei unter der Führung des Parlamentspräsidenten Nabih Berri, haben ihre Hochburgen weiterhin unter Kontrolle.

Plakat des neuen Ministerpräsident Firas Hamdan im Dorf Kfeir
Plakat des neuen Ministerpräsident Firas Hamdan im Dorf Kfeir

Hisbollah und Schiiten deutlich geschwächt

Unter den so genannten christlichen Parteien verliert die von Präsident Michel Aoun gegründete Freie Patriotische Bewegung, die mit der Hisbollah verbündet ist, einige Sitze (von 20 auf 18), während die von Saudi-Arabien und westlichen Ländern unterstützten Libanesischen Kräfte von Samir Geagea mindestens 18 Sitze im neuen Parlament kontrollieren (im Vergleich zu den 14 Sitzen, die sie in der vorherigen Wahlrunde errungen hatten). Doch sind die Umverteilungen zu gering, um eine völlige Umkehrung der Kräfteverhältnisse zwischen den die libanesische Politik bestimmenden Lagern und Ausrichtungen zu bewirken.

Aus dem sunnitischen Lager boykottierte die von Saad Hariri geführte Zukunftsbewegung die Wahlen und schwächte damit die parlamentarische Vertretung von Kräften, die sich in der Vergangenheit als Opposition gegenüber der Hisbollah und ihren Verbündeten positioniert hatten.

Hisbollah-Führer Scheich Nasrallah bei einer TV-Ansprache am Mittwoch
Hisbollah-Führer Scheich Nasrallah bei einer TV-Ansprache am Mittwoch

Keine deutliche Kräfteverschiebung

Die größte Neuerung in der neuen parlamentarischen Versammlung ist der Einzug von 13 Abgeordneten in das Parlament, die mit Gruppen verbunden sind, die sich auf verschiedene Weise auf die Protestbewegung des Volkes beziehen. Diese Protestbewegung ist 2019 nach dem Bankenkollaps entstanden und wirkt mittlerweile als Bewegung eines globalen Protests gegen alle traditionellen politischen Kräfte des libanesischen Establishments. Die Vertreter der so genannten „Kräfte des Wandels“ traten jedoch in keiner bestimmten Reihenfolge zu den Wahlen an, und ihre Zersplitterung könnte die Wirkung ihrer Wahlbehauptung in der Parlamentskammer schwächen.

„Angesichts eines solch unsicheren Bildes“, räumt der maronitische Priester Rouphael Zgheib, Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke, gegenüber fides ein, „ist es noch zu früh, um Prognosen über die politische Zukunft des Landes zu wagen. Aber es scheint wieder einmal klar zu sein, dass man, wenn man die Pattsituation vermeiden will, anerkennen muss, dass der Libanon ein Land am Scheideweg ist, in dem die verschiedenen Komponenten ein Mosaik des Zusammenlebens bilden müssen. Niemand kann auf die Idee kommen, den Libanon zu führen, indem er eine Vorherrschaft ausübt, die seine politischen Gegner aus dem Blickfeld nimmt. Der Ausweg aus der Krise ist ein hoher politischer und auch geopolitischer Kompromiss, der den Ernst der Lage anerkennt und die Interessen und Forderungen der einzelnen Kräfte zugunsten des Gemeinwohls ausgleicht“.

(fides - cs)

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19. Mai 2022, 10:01